Vollwaisenrente Wer hat Anspruch auf diese Form der Hinterbliebenen­rente?

Beide Eltern zu verlieren, ist für Kinder ein schwerer Schicksalsschlag. Für Erwachsene, die die Vormundschaft für hinterbliebene Kinder übernehmen, kommen finanzielle Fragen hinzu. Mit der Vollwaisenrente gibt es eine gesetzliche Form der Unterhaltshilfe. Doch wer erhält sie und wie hoch ist diese Art der Rente?

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Wann steht Kindern eine Vollwaisenrente zu?

Die Rente für die hinterbliebenen Kinder ergibt sich aus den Rentenansprüchen der Eltern. Gezahlt wird sie in der Regel von der Deutschen Rentenversicherung (DRV). Um diese finanzielle Unterstützung für die Vollwaisen zu erhalten, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Kinder, die noch minderjährig sind, haben beim Tod beider Eltern Anspruch auf Vollwaisenrente.
  • Die Waisenrente wird nur dann gezahlt, wenn die Hinterbliebenen beim Versicherungsträger einen entsprechenden Antrag gestellt haben.
  • Waisen, die älter als 18 Jahre sind, sich aber noch in einer Berufsausbildung oder im Studium befinden, haben bis maximal zum 27. Lebensjahr Anspruch auf die Waisenrente und können eine Fortsetzung der Rentenzahlung beantragen.

Drei Fakten über die Vollwaisenrente

  1. 2022 bezogen rund 5.300 Personen eine Vollwaisenrente. Der Rente betrug im Durchschnitt 452,40 Euro pro Monat.
  2. Seit Juli 2015 wird bei Waisenrenten kein Einkommen mehr angerechnet.
  3. Die Vollwaisenrente beträgt 20 Prozent der Versichertenrente, auf das ein Elternteil Anspruch gehabt hätte oder diese bereits bezog.

Voraussetzungen

01 Wer hat Anspruch auf Vollwaisenrente?

Die Waisenrente ist eine Form der Hinterbliebenenrente. Sie ist eine Unterhaltsunterstützung für die Kinder von Verstorbenen.

Kinder, bei denen ein Elternteil gestorben ist, erhalten eine Halbwaisenrente. Eine Vollwaisenrente steht ihnen zu, wenn kein unterhaltspflichtiger Elternteil mehr lebt.

Gezahlt wird die Waisenrente von unterschiedlichen Versicherungsträgern. In den meisten Fällen ist das die Deutsche Rentenversicherung (DRV).

Sind die Eltern durch einen Unfall ums Leben gekommen, ist die gesetzliche Unfallversicherung für die Rentenzahlung verantwortlich.

Kinder von Beamten erhalten wiederum ein Waisengeld aus der Beamtenversorgung.

 

Welche Kinder können eine Vollwaisenrente beanspruchen?

Grundsätzlich können alle Kinder der verstorbenen Eltern eine Waisenrente erhalten. Dazu gehören leibliche Kinder – ganz gleich, ob ehelich oder nicht ehelich – sowie adoptierte Kinder.

Außerdem sind laut Gesetz (Sozialgesetzbuch SGB VI, §48) auch folgende Personen als Waisen zu berücksichtigen:

  • Stief- und Pflegekinder, die mit im Haushalt leben
  • Enkel und Geschwister, wenn sie mit im Haushalt der verstorbenen Personen leben oder von ihnen versorgt wurden.

Welche Voraussetzungen müssen für die Vollwaisenrente erfüllt sein?

Damit ein Kind eine Halb- oder Vollwaisenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhält, muss die sogenannte allgemeine Wartezeit erfüllt sein.

Das heißt: Der verstorbene Elternteil muss mindestens fünf Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben. Auch Kindererziehungszeiten sowie Zeiten durch einen Versorgungsausgleich, ein Rentensplitting sowie durch Arbeit in geringfügiger Tätigkeit zählen dazu.

Darüber hinaus erhalten Kinder nur dann eine Waisenrente, wenn sie noch nicht volljährig sind oder noch keine Ausbildung abgeschlossen haben. (mehr dazu unter Wie lange wird gezahlt?)

Die fünfjährige Wartezeit spielt in manchen Fällen für den Rentenanspruch keine Rolle: Verunglückt ein Elternteil beispielsweise durch einen Arbeitsunfall tödlich, dann ist die gesetzliche Unfallversicherung für die Zahlung der Waisenrente zuständig. Sie zahlt bereits nach nur einem Monat Versicherungszeit.

Anja
Anja
Expertin für Altersvorsorge

Sind deine Kinder im Ernstfall finanziell abgesichert?

Zahlst du als Elternteil mit deinem Ehepartner nicht in die Deutsche Rentenversicherung ein, etwa weil du beruflich selbstständig bist oder ihr im Ausland lebt, dann haben eure Kinder im Ernstfall keinen Anspruch auf Vollwaisenrente.

Trifft dies auf dich zu, solltest du dir Gedanken machen, wie euer Nachwuchs im Fall eines Schicksalsschlags abgesichert ist. Eine solche Vorsorge bietet die Risikolebensversicherung. Sie zahlt im Todesfall eine hohe Summe an Hinterbliebene aus, sodass deren Lebenshaltung in den ersten Jahren nach dem Tod eines Elternteils gewährleistet ist.

Je nach deiner Lebenssituation kann auch eine Altersvorsorge mit Rentengarantiezeit eine finanzielle Absicherung für die Hinterbliebenen sein.

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Zahlen, Geld & Rechnungen

02 Wie hoch ist die Vollwaisenrente & wie wird sie berechnet?

Die Höhe der Vollwaisenrente richtet sich nach der Rente, die ein Elternteil zum Todeszeitpunkt erhalten hätten.

  • Das ist ein wichtiges Kriterium der Vollwaisenrente, etwa im Vergleich zur Halbwaisenrente. Die Höhe der Halbwaisenrente ergibt sich aus dem Rentenanspruch des verstorbenen Elternteils.
  • Bei Vollwaisen sind beide Eltern verstorben. Die Vollwaisenrente wird dennoch nur anhand der Rente eines Elternteils berechnet. Maßgeblich ist der höhere Rentenbetrag. Ist beispielsweise die Rente des Vaters zum Todeszeitpunkt höher als die der Mutter, wird dieser Betrag zur Berechnungsgrundlage genommen.

Doch was ist, wenn die Eltern noch gar nicht im Rentenalter waren?

Als Basis für die Berechnung der Vollwaisenrente dient dann die volle Erwerbsminderungsrente. Waren die Eltern schon Rentner, dann ist natürlich die Altersrente maßgeblich.

Vollwaisen erhalten 20 Prozent dieser Versichertenrente.

 

Zum Vergleich: Die Witwenrente macht 55 bis 60 Prozent der Rente des verstorbenen Ehepartners aus. Die Halbwaisenrente beträgt 10 Prozent der Rente des verstorbenen Elternteils.

Wie wird die Vollwaisenrente berechnet?

Die Berechnung dieser Rentenform ist ein sehr komplexer Prozess, in den viele individuelle Faktoren eingehen, etwa Geburtsdatum des Elternteils, Todestag, Beitragszeiten, Rentenartfaktor und Wohnort. Daher ist es kaum möglich, konkrete und vor allem nachvollziehbare Zahlenbeispiele anzugeben.

Lass uns dennoch Schritt für Schritt kurz die wichtigsten Aspekte gehen:

  • Die Vollwaisenrente setzt sich aus zwei Teilen zusammen: dem Grundbetrag und dem Zuschlag.
  • Der Grundbetrag sind die oben bereits erwähnten 20 Prozent der Versichertenrente des Elternteils.
  • Der Zuschlag ergibt sich aus den Beitragszeiten. Für jeden Monat, den der Elternteil in die Rentenversicherung eingezahlt hat, gibt es einen Zuschlag.

Die Berechnung des Zuschlages erfolgt über die Entgeltpunkte und dem aktuellen Rentenwert. Bis 2022 gab es in den alten und neuen Bundesländern jeweils einen eigenen Rentenwert. Daher war der Wohnort des Elternteils ein nötiger Faktor in der Rechnung. Seit 2023 gibt es einen bundeseinheitlichen Rentenwert. Das vereinfacht die Berechnung der Vollwaisenrente ein wenig.

Abschläge auf Hinterbliebenenrenten

Sind die Eltern verstorben, ehe sie ein bestimmtes Alter erreicht haben, wird die Hinterbliebenenrente um einen Abschlag verringert. Bis 2012 betrug die Grenze 63 Jahre. Seitdem wird sie schrittweise bis 2024 auf 65 Jahre angehoben. Waren die Eltern zum Zeitpunkt des Todes älter als 65 Jahre, gibt es keinen Abzug von Abschlägen.

Anrechnung von Einkommen: Was ist bei der Vollwaisenrente zu beachten?

Anders als bei der Witwen- und Witwerrente wird das Einkommen nicht auf Waisenrenten angerechnet. Dies gilt seit 2015. Halb- und Vollwaisen dürfen also so viel verdienen, wie sie wollen, ohne eine Kürzung der Hinterbliebenenrente zu befürchten. Die Rentenzahlung wird jedoch bei der Berechnung von BAföG und Sozialleistungen als Einkommen berücksichtigt.

Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung lag die Höhe der Vollwaisenrente 2022 durchschnittlich bei rund 453 Euro. Diese Summe reicht jedoch nicht aus, um ein Kind rundum gut zu versorgen. Willst du deine Familienangehörigen finanziell absichern, empfiehlt sich eine private Vorsorge. Eine Risikolebensversicherung kann die Versorgungslücke, vor der Hinterbliebene stehen, schließen.

Anja
Anja
Expertin für Altersvorsorge

Schon zu alt?

03 Wie lange wird die Vollwaisenrente gezahlt?

Minderjährige Kinder erhalten die Waisenrente bis zum 18. Geburtstag. Diese Frist gilt für alle Versicherungsträger, die diese Hinterbliebenenrente zahlen.
Diese Grenze kann sich unter Umständen weiter nach hinten verschieben, maximal bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres. Möglich ist dies, wenn einer der folgenden Sachverhalte vorliegt:

  • Schule & Ausbildung: Das Kind geht noch zur Schule, befindet sich in einer Berufsausbildung oder absolviert ein Studium.
  • Ableistung eines Freiwilligendienstes: Die Waise macht ein soziales, ökologisches oder kulturelles Freiwilligenjahr (FSJ, FÖJ, FKJ) oder absolviert einen Bundesfreiwilligendienst.
  • Übergangszeit: Die Waise befindet sich gerade zwischen zwei Ausbildungsabschnitten, etwa zwischen Schule und Studium oder zwischen Schule und Ableistung des Wehr- oder Zivildienstes. Maximal vier Kalendermonate darf diese Übergangszeit dauern, damit die Rentenzahlung fortgesetzt wird.
  • Arbeitsunfähigkeit: Das Kind ist aufgrund geistiger, körperlicher oder seelischer Behinderung nicht in der Lage, selbst für sich zu sorgen.

Im Allgemeinen gilt: Mit dem Ende der Erstausbildung – ob Ausbildung oder Studium – endet der Anspruch auf die Vollwaisenrente. Denn zu diesem Zeitpunkt sind Eltern nicht mehr unterhaltspflichtig gegenüber ihrem Kind.

Waisenrente und Steuer: Was ist zu beachten?

Genau wie andere Einkünfte und Rentenarten unterliegt die Vollwaisenrente der Einkommensteuerpflicht. Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn das gesamte Einkommen den Steuergrundfreibetrag übersteigt. Dieser liegt 2023 bei 10.908 Euro für Alleinstehende. In der Einkommensteuererklärung werden Waisenrenten in Anlage R erfasst.

Krankenversicherung: Wie wirkt sich die Vollwaisenrente darauf aus?

Kinder, die Halbwaisenrente oder Vollwaisenrente beziehen, sind in der gesetzlichen Krankenversicherung als Rentner versichert.

Für Schüler und Studierende, die aufgrund des Bezugs von Halb- oder Vollwaisenrente versichert sind, ist Waisenrente bis zum 25. Lebensjahr beitragsfrei. Von dem Geld gehen also keine Beiträge für die Sozialversicherungen ab.

 

Wenn die Voraussetzungen gegeben sind, werden Studierende danach in der Krankenversicherung der Studenten (KVdS) versichert.

Bist du jedoch nicht wegen der Waisenrente krankenversichert, dann werden von der Vollwaisenrente Beiträge für die Krankenversicherung abgezogen. Das ist der Fall, wenn du eine Beschäftigung ausübst (kein Minijob), eine Berufsausbildung machst oder Leistungen der Agentur für Arbeit beziehst. Denn in diesen Fällen bist du nicht als Rentner krankenversichert, sondern entsprechend als Arbeitnehmer, Auszubildender oder Bezieher von Arbeitslosengeld.

Jede Menge Papiere

04 Wo und wie wird die Vollwaisenrente beantragt?

Als Hinterbliebener musst du die Vollwaisenrente beim Rentenversicherungsträger beantragen, ansonsten gibt es kein Geld. Dazu wendest du dich an die Deutsche Rentenversicherung oder – bei Tod durch Unfall – an die gesetzliche Unfallversicherung.

Für Vollwaisen unter 14 Jahren erledigt dies in der Regel ein Erziehungsberechtigter, der die gesetzliche Vertretung übernimmt. Volljährige Kinder, die eine Fortzahlung der Vollwaisenrente nach Vollendung des 18. Lebensjahres beanspruchen, wenden sich ebenfalls an diese Stelle.

Tipp: Bist du in einer solchen Situation, dann ist es – trotz aller Trauer – ratsam, wenn du den Rentenantrag so schnell wie möglich nach dem Todesfall stellst.

Die Bearbeitungsdauer kann sich nämlich mitunter über mehrere Monate hinziehen.

Der Versicherungsträger zahlt rückwirkend maximal ein Jahr nach Antragstellung.

 

Stellst du den Rentenantrag etwa 15 Monate nach dem Todesfall, hast du zwei Monate verschenkt.

Diese Unterlagen sind für den Antrag der Vollwaisenrente nötig:

  • Sterbeurkunden der Eltern
  • Personaldokumente der Eltern, etwa Personalausweis oder Reisepass
  • Geburtsurkunde des Kindes
  • Nachweis zur laufenden Ausbildung oder Immatrikulation (erforderlich bei Kindern über 18 Jahren)
  • Nachweis über geistige oder körperliche Behinderung des Kindes (falls nötig bei Kindern über 18 Jahren)
  • Klärungsantrag für das Rentenkonto der Verstorbenen (falls notwendig)

Ein solcher Rentenantrag ist sehr komplex. Hast du Fragen, kannst du einen Termin in einer der Beratungsstellen beim Versicherungsträger ausmachen. Auf der Webseite der DRV findest du übrigens Details zu den Antragsformularen und Online-Anträge.

Bei minderjährigen Kindern wird die Vollwaisenrente an die Person gezahlt, die die gesetzliche Vormundschaft übernommen hat. Volljährige Kinder erhalten das Geld auf das eigene Konto.

Hast du noch Fragen? Melde dich gerne bei uns.

Zuletzt aktualisiert am: 09.11.2023

Autor des Beitrags

Anja
Expertin für Altersvorsorge