Verwahrentgelt bei der ING: Wie viel, ab wann und wer muss zahlen?

Mit kostenloser Kontoführung und hohen Sparzinsen wurde die ING bekannt. Aber auch sie reihte sich ein in die Gruppe der Banken, die ihren Kunden ein Verwahrentgelt berechnete. Die Einführung erfolgte schrittweise. Das liegt auch an der Pflicht, eine Zustimmung von langjährigen Kunden einzuholen.

Nach eigenen Angaben hat die ING Deutschland mehr als 9,5 Millionen Kunden. Damit ist sie die drittgrößte Bank und die größte Direktbank in Deutschland. Mit einem kostenlosen Girokonto wurde das niederländische Kreditinstitut hierzulande bekannt.

Im Juli 2022 änderte die ING ihre Richtlinien zu den Negativzinsen. Welche Freibeträge und Bedingungen gelten und welche Möglichkeiten Sparer haben, um diese Minuszinsen zu vermeiden, erfahren sie auf dieser Seite.

Inhaltsverzeichnis

Welche Minuszinsen erhebt die ING?

Viele Jahre lang warb die ING – früher noch unter dem Namen ING DiBa – mit kostenlosen Girokonten und hohen Sparzinsen. Das überzeugte immerhin mehr als 9,5 Millionen Menschen. Doch mittlerweile bietet die Bank nicht mehr so attraktive Konditionen.

Die ING nahm nicht nur von ihrem gebührenfreien Kontomodell Abstand (kostenfreie Girokonten gibt es nur noch bei regelmäßigem Geldeingang ab 700 Euro). Auch beim Thema Verwahrentgelt entschied sich das Kreditinstitut, dem Trend der Banken zu folgen, wonach die Kunden für hohe Spareinlagen Strafzinsen zahlen müssen.

Von Juli 2021 bis Juni 2022 erhob das niederländische Unternehmen ein Verwahrentgelt in Höhe von 0,5 Prozent für Guthaben ab 50.000 Euro aufwärts auf Giro- oder Tagesgeldkonten bzw. „Extrakonten“, wie die ING ihre Tagesgeldkonten nennt. Seit dem 1. Juli 2022 liegt das Verwahrentgelt bei 0 Prozent. Für Guthaben ab 500.000 Euro bleibt der Minuszins von 0,5 Prozent bestehen.

Hinweis:

Bereits für Konten, die ab 4. November 2020 eröffnet wurden, gehörte eine Regelung zum Verwahrentgelt zum Vertrag dazu. Damals galt noch ein Freibetrag von 100.000 Euro. Dieser Freibetrag für Bestandskunden wurde nach und nach gesenkt. Seit November 2020 lag die Grenze einheitlich bei 50.000 Euro.

Wer musste die Strafzinsen zahlen?

Die neuen Bedingungen galten zunächst nur für alle Neukunden, die ab dem 6. Juli 2021 ein Konto eröffneten.

Aber auch die Bestandskunden der ING blieben nicht von den Minuszinsen verschont. Nach Angaben der ING hatten acht Prozent der rund neun Millionen Kunden ein Guthaben, das den Freibetrag von 50.000 Euro überschreitet. Das sind etwa 720.000 Kunden.

Laut einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) müssen Banken bei Änderung der Vertragsbedingungen eine Zustimmung der Kunden einholen.

Einen kleinen Teil ihrer Bestandskunden schrieb die Bank daher separat ab Juli 2021 an. Bei Zustimmung wurden ihnen bereits ab November 2021 entsprechende Minuszinsen abgezogen. Der größere Teil der Bestandskunden wurde später ebenfalls schriftlich nach Zustimmung gefragt.

Die Einführung und Berechnung erfolgten bei der ING also schrittweise. Daher gab es leichte Verwirrung um die Frage, ab wann die ING das Verwahrentgelt berechnet.

Ab wann wurden Strafzinsen ab 50.000 Euro bei der ING berechnet?

1. November 2021:

  • Für alle, die ab dem 6. Juli 2021 ein Giro- oder Tagesgeldkonto (Extrakonto) eröffnet haben.
  • Alle Bestandskunden, die bereits ab Juli angeschrieben wurden und den Zusatzvereinbarungen zugestimmt haben.

1. März 2022:

  • Für alle Bestandskunden, die später angeschrieben wurden und zugestimmt haben.

Bei Kunden, den den neuen Regelungen nicht zustimmen, behält sich das Kreditinstitut eine Kündigung des Kontos vor.

Ab März 2022 war die Regelung für alle Kunden bei der ING gültig:
0,5 Prozent Verwahrentgelt für die Geldbeträge auf Giro- und Tagesgeldkonten, die den Freibetrag von 50.000 Euro übersteigen. Der Freibetrag gilt pro Konto.

Wie können Sparer die Negativzinsen vermeiden?

Viele Deutsche haben hohe Beträge auf Giro- und Tagesgeldkonten gespart. Sie bekommen die Negativzinsen nun deutlich zu spüren. Dabei stehen die Zeichen nicht gut für klassisches Zinssparen. Eine Neuorientierung hin zu anderen Formen der Geldanlage kann sich deutlich auszahlen.

Die einfachste Möglichkeit, das Verwahrentgelt der ING zu vermeiden, lautet: Geld anders verteilen

Auch die ING möchte ihren Kunden und denen, die es werden wollen, ein vereinfachtes Wertpapiersparen schmackhaft machen. Sicher ist dies nicht ganz uneigennützig. Doch für Verbraucher bietet sich die Chance, mehr aus ihren Ersparnissen herauszuholen. Wichtig ist, dass sie auch andere Angebote prüfen. Eine unabhängige Beratung zur Geldanlage hat den Vorteil, dass Sparer Produkte kennenlernen, die zu ihren Sparzielen passen und nicht einzig und allein auf die Profitmaximierung der Bank ausgelegt sind.

Wie werden die Zinsen berechnet?

In der Vereinbarung zum Verwahrentgelt war zwar von 0,5 Prozent pro Jahr die Rede. Die Abrechnung für die Strafzinsen erfolgte aber pro Tag.

Dazu ein Beispiel

Ein Kunde hat 80.000 Euro auf dem Extrakonto. Das Guthaben übersteigt den gültigen Freibetrag um 30.000 Euro. Bleibt der Betrag das ganze Jahr über gleich, berechnet die Bank die Verwahrentgelt wie folgt:

(0,5 % = 0,005)

30.000 Euro x 0,005 = 150 Euro

Liegt die Summe jedoch nur für zwei Tage auf dem Konto, ergibt sich eine andere Rechnung, und zwar:

150 Euro : 360 x 2 Tage= 0,83 Euro Verwahrentgelt

Dieser Berechnung liegt die sogenannte kaufmännische Zinsrechnung bzw. die deutsche Zinsrechnung zugrunde. Dabei gelten folgende Festlegungen: ein Monat hat 30 Tage und ein Jahr demzufolge 360 Tage. Um die Negativzinsen taggenau zu berechnen, wird der Jahreszins (also 0,5 Prozent von 30.000 Euro) auf den Wert pro Tag heruntergerechnet (durch 360 geteilt) und mit der Anzahl der Tage multipliziert (mal 2).

Warum erhebte die ING diese Strafzinsen überhaupt?

Mit einem gut verzinsten Tagesgeldangebot habe die Bank viel Kundenvertrauen aufgebaut, erklärte Nick Jue, Chef der ING in Deutschland, in der Pressemitteilung zur Einführung des Verwahrentgelts bei der ING. Daher sei die Entscheidung keine leichte gewesen.

Doch der Negativzins, den die Europäische Zentralbank (EZB) bis Ende Juli 2022 erhoben hat, sowie die Tatsache, dass etliche Wettbewerber diese Minuszinsen eingeführt haben – zum Teil auch für geringere Freibeträge, waren Gründe, dass sich auch die ING für diesen Weg entschieden hat.

Hintergrund:

Seit 2014 erhebt die EZB einen Negativzins auf das Geld, das Banken bei ihr verwahren. Bis Juli 2022 lag dieser Zinssatz bei minus 0,5 Prozent pro Jahr, dann wurde er für die meisten Kunden auf 0 Prozent angepasst. Das Ziel der Minuszinsen ist es, die Geldhäuser dazu zu motivieren, günstige Kredite zu vergeben und das Geld an den Markt zu bringen.

Die Banken gaben diese Kosten jedoch als Verwahrentgelt an ihre Kunden weiter. Zunächst betraf es vor allem Neukunden und Sparer, die Guthaben ab mehrere 100.000 Euro auf dem Giro- und Tagesgeldkonto lagerten. Im Laufe der Zeit senkten die Kreditinstitute jedoch diesen Freibetrag ab.

Der Negativzins, der eigentlich nur für die Banken gedacht war, kommt damit immer mehr bei den Verbrauchern mit mittleren Sparguthaben an.

Verbraucherschützer weisen darauf hin, dass die EZB den Banken hohe Freibeträge gewährt. Weiterhin ist es immer noch nicht rechtlich geklärt, ob die Erhebung der Negativzinsen überhaupt rechtens ist.