Ansprüche, Pflichten, Berechnung Eine Anleitung: Lohnfortzahlung im Krankheitsfall

In 2022 sind die Krankheitstage enorm gestiegen und Fehltage aufgrund von psychischen Erkrankungen waren im letzten Jahr auf dem absoluten Höchststand. Während manche Krankheiten nach wenigen Tagen wieder verschwunden sind, dauern andere Krankheitsfälle Wochen bis Monate. Aber wie lange gibt es eine Lohnfortzahlung und wie bekommst du diese?

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Kurz & knapp erklärt

Lohn trotz Krankheitsmeldung?

Ein Krankheitsbedingter Ausfall ist eigentlich zum Auskurieren gedacht. Aber für viele bedeutet es auch Stress: der Kopf hängt halb in der Arbeit und bei längerer Arbeitsunfähigkeit kommt die Angst, dass man sein Gehalt nicht mehr bekommt. Hier kommt die erste Entwarnung: Du wirst weiter bezahlt, egal ob du Grippe, Armbruch oder ein Burnout hast. Dennoch gibt es bei den Ansprüchen und Arbeitsrecht einiges zu beachten.

5 Fakten über die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall

  • Die Regelungen zur Lohnfortzahlung sind im Entgeltfortzahlungsgesetz festgeschrieben.
  • Bedingungen für eine Lohnfortzahlung sind die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom Arzt und deine Krankheitsmeldung.
  • Für maximal 6 Wochen bekommen Arbeitnehmer volles Gehalt vom Arbeitgeber ausgezahlt.
  • Bist du nach 6 Wochen weiterhin arbeitsunfähig, übernimmt die gesetzliche Krankenkasse die Lohnfortzahlung als Krankengeld (nicht 100 %).
  • Versicherte von privaten Krankenversicherungen müssen sich extra absichern, um im Krankheitsfall Krankengeld zu erhalten.

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Definition und Eingrenzung

01. Was ist die Lohnfortzahlung?

Das Entgeltfortzahlungsgesetz gibt Arbeitnehmern die finanzielle Sicherheit, auch wenn sie krankheitsbedingt ausfallen und ihre Existenzgrundlage dadurch nicht gefährdet ist. Damit ist es ein wichtiger Punkt im Arbeitnehmerrecht. “Lohnfortzahlung” oder “Entgeltfortzahlung” meinen beide dasselbe. Aber was genau ist das?

Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Arbeitsunfähigkeit bedeutet, dass du bei krankheitsbedingter Abwesenheit und Ausfall weiterhin dein Gehalt ausgezahlt bekommst.

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Wartezeit und Arbeitsunfähigkeit sind entscheidend

02. Wer hat einen Anspruch?

Laut dem Entgeltfortzahlungsgesetz hat prinzipiell jeder Arbeitnehmer in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis den Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Der Anspruch besteht also bei Voll- und Teilzeitangestellten, für Minijobs, Saisonarbeiten und ebenfalls Werkstudentenjobs.

Auch wenn du als Angestellter grundsätzlich einen Anspruch auf Lohnfortzahlung hast, gibt es einige Voraussetzungen und Kriterien, die erfüllt sein müssen:

  • Du musst mindestens 4 Wochen ununterbrochen im jeweiligen Arbeitsverhältnis sein. Die ersten vier Wochen gelten als Wartezeit. Wenn du in den ersten vier Wochen arbeitsunfähig bist, zahlt die Krankenkasse Krankengeld.
  • Du musst arbeitsunfähig sein, d.h. du kannst die vertraglich vereinbarten Leistungen aufgrund von Krankheit oder nach einem Unfall nicht ausführen oder deine Erkrankung würde sich verschlimmern.
  • Es liegt kein Eigenverschulden für die Arbeitsunfähigkeit vor, wie beispielsweise grob fahrlässiges Verhalten, selbst provozierte Prügelei oder wenn du betrunken einen Unfall gebaut hast. Unachtsames Verhalten gilt nicht als Eigenverschulden.
  • Die Arbeitsunfähigkeit betrifft den Zeitraum, in dem du arbeiten müsstest.

Du hast auch einen Anspruch auf Lohnfortzahlung bei notwendigen medizinischen Eingriffen und Reha-Maßnahmen (Zauberwort heißt hier “notwendig”), bei Schwangerschaftsabbrüchen (nicht rechtswidrig oder rechtswidrig aber straffrei), nicht rechtswidriger Sterilisation sowie nach einer Organspende oder Spende von Stammzellen.

Alles schön nach Vorschrift

03. Welche Voraussetzungen und rechtlichen Bestimmungen müssen erfüllt sein?

Wenn du generell Anspruch auf eine Entgeltfortzahlung hast, musst du jedoch aktiv werden und deine Pflichten erfüllen, um deinen Lohn auch im Krankheitsfall wirklich zu erhalten.

  1. Die goldene Regel ist, dass du deinen Arbeitgeber unverzüglich benachrichtigen musst, wenn du krank bist und nicht arbeiten kannst. Auch wenn du schon auf der Arbeit bist oder im Home Office angefangen hast, musst du dich direkt abmelden.
  2. Du musst aber bei deinem Arbeitgeber keine Angaben darüber machen, warum du krank bist oder was die Ursache für deinen Krankheitsfall ist. Nur, wenn eine hohe (Ansteckungs)Gefahr vorliegt und deine Kollegen gewarnt oder geschützt werden müssen.
  3. Schaue in deinen Arbeitsvertrag. Manche Unternehmen verlangen bereits ab dem ersten oder zweiten Tag, an dem du wegen Krankheit fehlst, eine Krankschreibung (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung).
  4. Spätestens am dritten Tag muss die Arbeitsunfähigkeit gemeldet bzw. ein Attest eingereicht werden. Hältst du diese Frist nicht ein, fehlst du unentschuldigt und hast keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung.
  5. Die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit muss dem Arbeitgeber mitgeteilt werden.
  6. Seit dem 01.01.2023 müssen Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung online bei deiner Krankenkasse abrufen. Nur wenn dein Arzt Probleme bei der elektronischen Übermittlung hat, bekommst du das Attest in Papierform und musst das selbstständig an deinen Arbeitgeber übermitteln. Privat Versicherte profitieren nicht von der elektronischen Übermittlung und bekommen einen Papierausdruck.
  7. Musst du deine Arbeitsunfähigkeit verlängern, ist ein erneuter Gang zum Arzt und ein Attest notwendig. Informiere deinen Arbeitgeber rechtzeitig darüber.

Wirst du im Ausland krank, musst du dich ebenfalls unverzüglich krank melden, die voraussichtliche Dauer und die Auslandsadresse angeben sowie deine Krankenkasse darüber informieren.

Es ist übrigens verboten, einer Nebentätigkeit während einer Krankschreibung nachzugehen. In diesem Fall kann dir eine Lohnfortzahlung verweigert werden.

Volles Gehalt für 6 Wochen

04. Dauer und Höhe der Lohnfortzahlung

Die Frage nach der Dauer und Höhe für die Lohnfortzahlung ist im Allgemeinen sehr schnell beantwortet: 42 Kalendertage bzw. 6 Wochen lang bekommst du als Arbeitnehmer 100 % deines Gehalts von deinem Arbeitgeber ausgezahlt. Der Anspruch besteht erneut bei jeder neuen Erkrankung. Die Grenze von 42 Tagen gilt also, wenn du wegen derselben Krankheit krankgeschrieben bist.

Nach Ablauf der 6 Wochen erhältst du Krankengeld für weitere 72 Wochen, welches dann von deiner gesetzlichen Krankenkasse übernommen wird, aber nicht das Gehalt komplett abdeckt. Die Höhe beträgt 70 % des Bruttoverdienstes, aber maximal 90 % des Nettoverdienstes (§ 47 SGB V). Befindest du dich noch in der vierwöchigen Wartezeit (siehe Kapitel über den Anspruch), musst du das Krankengeld bei deiner gesetzlichen Krankenkasse beantragen.

Im Detail kann die Höhe jedoch sehr unterschiedlich ausfallen, weil es unterschiedliche Gehaltsmodelle gibt. Um die Höhe beziffern zu können, musst du gegebenenfalls folgende Variablen berücksichtigen:

  • Sind Provisionen oder Zulagen (z. B. Gefahren- und Nachtzuschläge) Bestandteile deines Gehalts, müssen diese in die Lohnfortzahlung mit eingerechnet werden.
  • Zuschläge für Feiertage oder Überstunden, wenn üblich im Unternehmen, müssen ebenfalls berücksichtigt werden.
  • Urlaubs- oder Weihnachtsgeld werden bei einer Arbeitsunfähigkeit nicht berücksichtigt.

Wenn dein Gehalt also aufgrund von Provisionen, Zuschlägen oder anderen Faktoren schwankt, wird als Berechnungsgrundlage ein Durchschnittseinkommen verwendet, welches sich im Regelfall an der Entgeltzahlung der letzten drei Monate orientiert.

Auch können in Tarifverträgen die Regelungen für die Höhe der Entgeltfortzahlung von den gesetzlichen abweichen.

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Kein Pi mal Daumen

05. Berechnung und Beispiele einer Entgeltfortzahlung

  1. Beispiel: Festes Gehalt ohne Variablen
    Beziehst du ein festes Gehalt, bei dem weder Überstunden, noch Provisionen oder andere erfolgsbedingte Zahlungen berücksichtigt werden, beträgt die Lohnfortzahlung 100 %.
  2. Beispiel: Gehalt und Provision
    Im Verkauf und besonders im Außendienst ist das Gehalt fast immer von Provisionen abhängig. Zur Berechnung nimmst du die letzten 3 Gehälter inklusive der Provisionen für die entsprechenden Monate und berechnest daraus den Durchschnitt:

    = (Gehalt 1 mit Provision + Gehalt 2 mit Provision + Gehalt 3 mit Provision) / 3 = Lohnfortzahlung pro Monat

    Gehen wir mal von einem Fixgehalt von 1.500 Euro aus, und du hast in den letzten drei Monaten 800, 900 und 1000 Euro Provision erhalten, dann ergibt das eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall von 2.400 Euro pro Monat.

  3. Beispiel: Bezahlung nach Arbeitsstunden
    Unter anderem im Einzelhandel wird häufig nach Stunden bezahlt. Dadurch schwankt das Gehalt von Monat zu Monat, auch weil es größtenteils Zuschüsse für das Arbeiten zu späteren Uhrzeiten, am Wochenende oder Sonntagen geben kann. Um zu wissen, wie hoch deine Lohnfortzahlung ist, nimmst du deine letzten drei Gehaltszettel:

    Berechnung: (Gehalt 1 + Gehalt 2 + Gehalt 3) / 3 = Lohnfortzahlung pro Monat

    Nehmen wir also an, du hast in den Monaten 1.800 Euro, 1.900 Euro und 2.000 Euro verdient, dann rechnest du alles zusammen (= 5.700 Euro) und teilst durch drei Monate. Du erhältst 1.900 Euro pro Monat als Lohnfortzahlung.

Krank und privat versichert – was jetzt?

06. Lohnfortzahlung in der privaten Krankenversicherung

Wir müssen hier unterscheiden, ob du in einem Angestelltenverhältnis oder selbstständig bist.

Bist du angestellt und bei einer privaten Krankenversicherung, bekommst du wie bei einer gesetzlichen Versicherung für 42 Kalendertage die Lohnfortzahlung. Nach Ablauf der 6 Wochen hast du erstmal keinen Anspruch auf Krankengeld. Du kannst jedoch eine Krankentagegeldversicherung abschließen, um dich finanziell bei schwerer oder langer Krankheit abzusichern. Die Voraussetzungen für die Lohnfortzahlung sind dieselben, wie für gesetzlich Versicherte.

Bist du selbstständig und privat versichert, hast du keinen Anspruch auf eine Entgeltfortzahlung durch die Krankenkasse. Aber auch hier kannst du dich bei deiner privaten Krankenversicherung absichern, ob im Tarif selbst oder durch eine Krankentagegeldversicherung.

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Zuletzt aktualisiert am: 21.06.2023

Autor des Beitrags

Jenny Gebel
Expertin für Krankenversicherungen