Illustration Redaktion
Redaktion

Die Redaktion

Altersvorsorge: Minijob und Teilzeit verheerend für spätere Rente

Das Thema Altersvorsorge wird von zahlreichen Frauen unterschätzt. Vor allem in Beziehungen verlassen sich zu viele von ihnen auf ihren Partner. Laut der Vermögensberaterin Helma Sick sind daran jedoch nicht etwa fehlende Absicherungsmöglichkeiten schuld, sondern unzureichende Aufklärung über Vorsorgemängel und häufig schlechte Beratung für Frauen.

Veröffentlicht am 13- August 2015

Eine private Altersvorsorge ist in der heutigen Zeit besonders wichtig. Denn die Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung reichen nur selten aus, um den gewohnten Lebensstandard im Alter aufrechtzuerhalten. Dabei mangelt es vor allem Frauen an privater Vorsorge. Sie verlassen sich viel zu häufig auf die finanzielle Absicherung durch ihren Partner. An geeigneten Produkten fehlt es jedoch nicht: Das Problem liegt viel eher darin, dass kaum Bewusstsein für den unzureichenden Schutz existiert und die Vorsorgeberatung meist nicht auf spezifisch weibliche Bedürfnisse zugeschnitten ist. Im Interview mit finanzen.de erklärt die Vermögens- und Finanzberaterin Helma Sick, wie Frauen für ihr Alter vorsorgen können und so finanzielle Unabhängigkeit erlangen.

Altersarmut bei Frauen: „Das Thema muss in den Köpfen präsent sein“

Frauen sorgen zu wenig für den Ruhestand vor und leiden sehr viel häufiger unter Altersarmut als Männer. Die Gründe dafür liegen meist in einer langen Zeit der Erwerbslosigkeit oder einer langfristigen Beschäftigung in Minijob oder Teilzeit während der Kindererziehung, erklärt Sick. „Viele Frauen wissen nicht, wie verheerend sich das auf die spätere Rente auswirkt. Hier muss viel mehr Aufklärung passieren, denn an guten Vorsorgeangeboten fehlt es nicht.“ Das Problem ist, dass das „Thema in den Köpfen präsent sein muss“ – bei Männern und bei Frauen. Unabhängig vom Geschlecht müssen Menschen demnach über Vorsorgemängel aufgeklärt werden.

„Ideal für Frauen sind Fonds“

„Frauen legen großen Wert auf Sicherheit, Überschaubarkeit und die einfache Handhabung einer Geldanlage“, berichtet Sick aus ihrer langjährigen Berufserfahrung. Da viele Frauen sehr unterschiedliche Lebensphasen wie „Berufstätigkeit, Elternzeit, Teilzeitbeschäftigung, Existenzgründung und womöglich eine Scheidung durchlaufen, brauchen sie flexible Produkte.“ Nach Sick sind die folgenden Formen der Altersvorsorge besonders gut für die Lebensrealität vieler Frauen geeignet:

Fonds
„Frauen bleiben flexibel: Monatlich oder jährlich einzahlen, die Raten aufstocken oder herunterfahren, Sondereinzahlungen leisten und jederzeit über das Geld verfügen. Es gibt für jede Lebenslage und jede Risikoneigung den passenden Fonds.“

Riester-Rente
„Die Riester Rente ist sehr gut geeignet, weil sich der Beitrag den unterschiedlichen Erwerbszeiten anpasst. Sie ist deshalb gerade für junge Frauen eine wichtige Basisabsicherung. Staatliche Zulagen und – für Gutverdienerinnen die Steuerersparnis – machen daraus eine lukrative Geldanlage, insbesondere in Form eines Fondssparplans.“

Rürup Rente
„Wer ein hohes Einkommen hat und selbständig ist, sollte sich die Rürup Rente überlegen. Bei keiner anderen Geldanlage gibt es eine ähnlich hohe Steuerersparnis

Private Rentenversicherungen
„Die private Rentenversicherung gibt es in vielen Varianten. Deshalb ist professionelle Beratung wichtig.“ Vor der persönlichen Beratung ist es ratsam, sich einen Überblick über verschiedene Anbieter zu verschaffen. Ein Blick auf die Ergebnisse von aktuellen private Rentenversicherung Tests hilft dabei, Angebote besser vergleichen zu können.

 

Teilzeitarbeit und Rente: So lässt sich Familie und Altersvorsorge kombinieren

In der Zeit der Familiengründung entscheiden sich noch immer zahlreiche Frauen dazu, nach der Geburt ihres Kindes für eine gewisse Zeit Zuhause zu bleiben und erst nach einigen Jahren in Teilzeit zu arbeiten. Für die spätere gesetzliche Rente ist das verheerend: „15 Jahre Minijob ergeben eine spätere Rente von 70 Euro“, zitiert Sick die Familienrechtlerin Dr. Peschel-Gutzeit. Sick rät Verheirateten, die sich für Teilzeitarbeit entscheiden, dass sie aus dem Familieneinkommen einen Ausgleich für entgangene Rentenansprüche erhalten. „Anderenfalls sind sie automatisch im Nachteil. Denn der Mann bleibt ja im Beruf, zahlt in die gesetzliche Rentenversicherung ein, eventuell auch noch in eine Betriebsrente.“

Alleinstehenden Frauen, die vorübergehend in Teilzeit oder Minijob beschäftigt sind, bleibt nichts anderes übrig als „die versäumten Rentenansprüche in einer späteren Vollzeitbeschäftigung nachzuholen“, erklärt die Expertin.

Finanzielle Nachteile der Teilzeitbeschäftigung vermeiden

Wie hoch der Rentenanspruch ist, der Ihnen durch eine Teilzeitstelle entgeht, können Sie mithilfe der Deutschen Rentenversicherung herausfinden. Diese rechnet den entsprechenden Betrag aus. So wissen Sie, wie hoch Ihre private Altersvorsorge mindestens sein sollte.

Armutsfalle Scheidung mit Ehevertrag vermeiden

„Besonders in Bayern und Baden-Württemberg gibt es heute immer noch zahlreiche Frauen, die sich bei der Altersvorsorge fast vollständig auf Ihren Ehepartner verlassen“, so Sick. Ganze „70 Prozent aller Frauen in Deutschland sparen nichts oder weniger als 50 Euro im Monat für ihre private Altersvorsorge“, erklärt sie weiter. Das sind erschreckende Zahlen, wenn man bedenkt, dass „in Großstädten etwa jede zweite Ehe scheitert“.

Nach einer Scheidung sieht es für Frauen meist schlecht aus: „Seit 2008 gibt es das neue Unterhaltsrecht. Danach ist jeder Partner materiell für sich verantwortlich. Unterhalt gibt es in der Regel nur dann, wenn ein Kind unter drei Jahren zu versorgen ist.“ Aus diesem Grund rät die Finanzberaterin allen Frauen, die sich auf ein „traditionelles Ehemodell (er verdient, sie arbeitet nicht oder im Minijob) einlassen, einen Ehevertrag zu vereinbaren, sodass im Fall einer Scheidung längere Zeit Unterhalt gezahlt wird.“

Hintergrund

Helma Sick ist Expertin für Finanzdienstleistungen für Frauen. Sie berät im Rahmen ihres selbstgegründeten Unternehmens frau & geld zahlreiche Frauen bei Vermögensfragen und informiert über die Altersvorsorge. Außerdem ist sie als Autorin tätig. In ihrer neuesten Veröffentlichung „Ein Mann ist keine Altersvorsorge“ zeigt sie an lebensnahen Beispielen, warum Frauen zur Tat schreiten sollten, um finanzielle Autonomie zu erlangen.