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Hebammen fürchten um Existenz: Haftpflichtversicherung vor dem Aus

Ab Sommer 2015 gibt es keine ausreichende Haftpflichtversicherung für Hebammen mehr in Deutschland. Ohne die Versicherung dürfen Geburtshelferinnen ihrer Arbeit freiberuflich nicht mehr nachgehen. Findet sich kein neuer Versicherer, wird die Versorgung mit Geburtshilfe in vielen Teilen der Republik zusammenbrechen.

Veröffentlicht am 17. Februar 2014

Die Nürnberger Versicherung hat angekündigt, sich zum 1. Juli 2015 aus den letzten beiden Versicherungskonsortien für Hebammen zurückzuziehen. Das heißt, ab diesem Zeitpunkt wird es für Hebammen kaum noch eine Möglichkeit geben sich gegen Schadensersatzforderungen abzusichern. In den letzten zwei Jahrzehnten sind die Beiträge bereits so stark angestiegen, dass viele Hebammen ihren Beruf aufgeben mussten. Der Rückzug der Nürnberger könnte aber noch weitaus dramatischere Folgen haben.

Ohne Berufshaftpflicht keine Hebammen

Die Hebammen fürchten nicht nur, dass sich die Beiträge für die Berufshaftpflichtversicherung noch weiter verteuern werden. Sie bangen sogar darum, dass bald gar kein Versicherer mehr den Spezialschutz für ihre berufliche Tätigkeit anbietet. In diesem Fall dürfte keine Hebamme in Deutschland freiberuflich arbeiten, denn der Versicherungsschutz ist gesetzlich vorgeschrieben. Allein angestellte Hebammen, zum Beispiel in Krankenhäusern, dürften dann noch ihrem Beruf nachgehen.

Hebammen fordern von der Politik Hilfe bei der Berufshaftpflicht

Eine mögliche Lösung für das Problem wäre eine sogenannte Deckungsobergrenze für die Versicherer. Kommt es zu einem Schadensfall, dann müssten die Versicherer die entstehenden Kosten beispielsweise nur bis zu einem Betrag von einer Million Euro erstatten. Ist der Schaden höher, springt der Bund ein. Auf diese Weise könnten die Versicherungsgesellschaften die Haftpflichtversicherung für Hebammen weiter wirtschaftlich kalkulieren und damit auch dauerhaft den Versicherungsschutz für die Geburtshelferinnen gewährleisten. Hierfür bedarf es jedoch einer politischen Lösung. Der Deutsche HebammenVerband e.V. fordert zudem die „Einrichtung eines Fonds, der besondere Haftungssituationen abdeckt.“ Auch dadurch ließe sich die finanzielle Belastung der Geburtshelferinnen reduzieren.

Berufshaftpflicht teilweise vorgeschrieben

Während eine private Haftpflichtversicherung Personen in der Freizeit und im privaten Umfeld vor Schadensansprüchen schützt, leistet die Berufshaftpflicht bei Schäden durch die berufliche Tätigkeit. Für einige Berufe, wie beispielsweise Hebammen, ist diese Versicherung gesetzlich vorgeschrieben.

So stark sind die Beiträge gestiegen

Versicherungsgesellschaften berechnen die Beiträge für die Berufshaftpflichtversicherung anhand des durchschnittlichen Kostenrisikos. Die Schadensfälle durch Fehler von Hebammen sind in den letzten Jahren nicht angestiegen. Allerdings haben sich die Kosten bei einem Schadensfall – wenn etwa ein Kind durch einen Fehler der Hebamme dauerhafte gesundheitliche Schäden davonträgt – vervielfacht. Zudem können Schadensersatzforderungen bis 30 Jahre nach der Geburt geltend gemacht werden. Dadurch müssen Hebammen auch für Spätfolgen aufkommen.

Aufgrund der gestiegenen Kosten bei einem Fehler haben die Versicherer die Beiträge für den Versicherungsschutz in den letzten zwei Jahrzehnten entsprechend stark angehoben. Laut Hebammen für Deutschland e.V. lag die durchschnittliche Haftpflichtprämie im Jahr 1981 bei 30,68 Euro. Im Jahr 2012 lag die Prämie bei 4242,45 Euro bzw. 5302,64 Euro (ohne und mit Vorschaden) – und ist seitdem sogar noch weiter gestiegen. Einfach gesagt: Hebammen zahlen inzwischen mehr als das 170-fache allein für die Berufshaftpflichtversicherung.