Das macht ja nichts, oder? Versicherungsbetrug vermeiden und nicht, "das machen wir einfach über die Versicherung."

Dieser Satz alleine ist natürlich nicht gleich ein Versicherungsbetrug. Aber viele haben sicher schon einmal darüber nachgedacht, einen Schaden fälschlicherweise als Versicherungsschaden zu melden, obwohl es keiner ist, um das Geld zu bekommen. Was sich wie ein kleiner Streich anhört, kann jedoch eine Straftat sein: von einem eigenverschuldeten kaputten Smartphone über einen vorgetäuschten Raubüberfall.

Für den schnellen Überblick

Versicherungsbetrug: Die Versicherer sind meistens doch schlauer, als man denkt

Es kann zu verlockend sein: Du zahlst einen Versicherungsbeitrag und dann möchtest du ja gefälligst auch was davon haben, oder? Die Versicherer und das Recht sehen das allerdings anders. Wer einen Versicherungsbetrug begeht, muss mit schweren Konsequenzen rechnen: dem Verlieren des Versicherungsschutzes, ein Ermittlungsverfahren und Schwierigkeiten beim Abschließen neuer Versicherungspolicen. Was du sonst noch wissen musst und wie du dich selbst vor einem Betrug schützen kannst, erfährst du in unserem Ratgeber.

5 Fakten über Versicherungsbetrug

  1. Der jährliche Schaden durch Versicherungsbetrug wird auf 5 Milliarden Euro geschätzt.
  2. Versicherungsbetrug ist laut Strafgesetzbuch eine Straftat und keine Ordnungswidrigkeit.
  3. Versicherungsunternehmen kommen Betrügern sehr häufig auf die Schliche.
  4. Schadensfälle werden im Regelfall 4 Jahre lang im Hinweis- und Informationssystem (HIS) der Versicherungsverbands GDV gespeichert.
  5. Wenn du als Geschädigter vermutest, in einen Versicherungsbetrug verstrickt zu sein, kannst das der Versicherung mitteilen oder selbst bei der Polizei Strafanzeige stellen.

Schadensfall und Schadensmeldung

01 Wenn die Versicherung den Schaden zahlt

Wir haben alle möglichen Versicherungen, die im Schadensfall die Schadensumme zahlen. Dafür sind sie doch da, oder? Dazu zählen zum Beispiel die Privathaftpflicht-, Hausrat-, Kfz- oder auch Wohngebäudeversicherungen.

Bei einem Schadensfall, und wenn du diesen bei deiner Versicherung meldest, tritt die Versicherung in die vertraglich vereinbarte Leistungspflicht.

Was die häufigsten Versicherungsschäden sind, hängt stark von der Art der Versicherung ab:

  • Bei einer Hausratversicherung sind es zum Beispiel Diebstähle, Schäden durch „bestimmungswidrig austretendes Leitungswasser“, Feuer und Elementarschäden (durch Naturgewalten).
  • Bei einer Kfz-Versicherung sind es Glasschäden oder Schäden an Scheinwerfern oder sogar Schäden durch Hagel, Sturm und Blitzen.
  • Und bei einer Haftpflichtversicherung sind es, was keine große Überraschung ist, Handys. Danach folgen Schäden, die an Autos entstanden sind beim Vorbeigehen oder Fahren mit dem Fahrrad.

Da die Versicherer wissen, dass nicht jeder Schadensfall auch ein realer ist, melden sie jeden Schaden dem Hinweis- und Informationssystem (HIS). So soll einem Missbrauch vorgebeugt werden. Denn Versicherungsbetrüge kosten die Versicherer jährlich etwa 5 Milliarden Euro. Die gesammelten Daten aus eingereichten Schadensmeldungen müssen nach vier Kalenderjahren aber gelöscht werden (gemäß Bundesdatenschutzgesetz). Die Zeitspanne kann sich aber auf bis zu zehn Jahre verlängern, wenn kurz vor der ersten Löschung eine weitere Meldung eingegangen ist.

Gespeichert werden Meldungen aus den Versicherungen der Bereiche Sachschaden, Kfz, Unfall, Rechtsschutz, Haftpflicht, Leben (z. B. Berufsunfähigkeit, Pflegerente) und Transport.

Mithilfe des HIS ist es den Versicherern zwar nicht möglich, miteinander zu kommunizieren und sich auszutauschen, jedoch ist es eine Datenbank des Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), von der die Versicherer Auskunft anfordern können. So aber auch die Versicherungsnehmer – durch eine Beantragung der Selbstauskunft.

Mein Auto, mein Haus, meine Gesundheit

02 Eine Schadensmeldung auf falschen Tatsachen

Ein Versicherungsbetrug liegt vor, wenn der Versicherte beim Versicherungsunternehmen durch unwahre Behauptungen oder Täuschungen unberechtigterweise eine Zahlung erwirkt (oder es versucht). Einfach ausgedrückt: Sie schwindeln den Schaden und die Schadensursache so zusammen, dass es den Eindruck eines rechtmäßigen Versicherungsschadens erweckt und die Versicherung in Leistung tritt.

Versicherungsbetrug ist keine konkrete Straftat im Strafgesetzbuch (StGB), wird jedoch als Betrug in §263 StGB als Straftat aufgeführt.

Dabei gibt es unterschiedliche Tatbestände, die einen Versicherungsbetrug darstellen:

  1. Fingierter Schaden: Die Schadensmeldung basiert auf einem Ereignis, das nie stattgefunden hat.
  2. Vorsätzliche Schadensverursachung: Der Schaden wurde vorsätzlich herbeigeführt, aber als zufällig beschrieben, damit der Versicherer den Schaden reguliert.
  3. Übertreibung beim Schaden: Der Schaden wird als höher beziffert und dargestellt, als er in Wirklichkeit ist, um eine höhere Versicherungssummer zu erhalten.
  4. Falsche Darstellung des Hergangs: Es wird ein nicht wahrer Hergang geschildert, um eine Versicherungsleistung zu empfangen, die der Versicherungsnehmer sonst nicht bekommen würde, zum Beispiel bei grober Fahrlässigkeit.

Natürlich können die Tatbestände auch “vermischt” werden: Wenn ein Schaden vorsätzlich verursacht worden ist, muss ja auch eine andere Darstellung des Hergangs her.

Beispiele für Versicherungsbetrug

03 Schummeln, lügen, austricksen, betrügen

Um das alles etwas anschaulicher zu machen, listen wir dir mal ein paar Beispiele auf. Nimm diese bitte nicht als Inspiration für deinen eigenen Versicherungsbetrug (lies dir lieber die möglichen Strafen im fünften Kapitel durch). Der Einfachheitshalber nennen wir die Personen, die den Versicherungsbetrug begehen, in den folgenden Beispielen “Täter”.

Beispiele Kfz-Versicherung:

  • Der Täter fährt mit Absicht so weit auf eine Kreuzung, dass ein anderer Fahrer nicht mehr rechtzeitig bremsen kann. Als Zeuge dient ein Komplize des Täters.
  • Ebenso gern gemacht wird das an Ampeln oder Zebrastreifen. Hier wird so abrupt gebremst, dass das hintere Auto dem Täter hinten reinfährt.

Beispiele Hausratversicherung:

  • Dem Täter wird etwas aus dem Keller geklaut und er reicht eine gefälschte Rechnung ein, um mehr Geld ausgezahlt zu bekommen.
  • Ein nicht angeschlossenes Fahrrad wird geklaut. Der Täter gibt aber an, dass es angeschlossen war und zerstört selbst noch das Schloss als Beweismittel.

Beispiel Haftpflichtversicherung:

  • Ein Handy, Laptop oder eine Kamera fällt herunter und ein Bekannter meldet das bei der eigenen Haftpflichtversicherung, um Geld für den Schaden zu bekommen und überweist dem Täter das Geld.

Beispiel Unfallversicherung:

  • Der Täter hat erst kürzlich eine hohe Unfallversicherung abgeschlossen und trennt sich mit Absicht einen Finger ab, um die Versicherungssumme zu bekommen. Es ist wirklich passiert, aber waren es sogar zwei Finger.

Beispiel Wohngebäudeversicherung:

  • Hier wird ein Leitungswasserschaden ausgenutzt und der Versicherung zusätzliche Schäden gemeldet, die nicht damit im Zusammenhang stehen.

Das Prozedere der Versicherungen

04 Klar definierter Prozess zur Vermeidung und Erkennung von Versicherungsbetrug

Als Kind hast du dir vielleicht auch mal eine Ausrede einfallen lassen, warum du zu spät nach Hause gekommen bist und dachtest, dass deine Eltern dir glauben müssen, weil es so gut durchdacht ist? Überraschung: Haben sie sicherlich nicht. Und die Versicherungsunternehmen sind wie die Eltern, nur dass sie falsche Schadensmeldungen nicht einfach hinnehmen.

Dabei greifen sie auf ein Prozedere zurück, was ihnen dabei helfen soll, Versicherungsbetrug zu prüfen und auch aufzuklären. Nicht jeder, der verdächtigt wird, ist auch schuldig. Auch die falsche Verdächtigung soll damit verhindert werden.

Schritt 1: Prüfung der Unterlagen bei einem Verdachtsfall

Ein Sachbearbeiter prüft den Schadensfall und entdeckt Ungereimtheiten. In diesem Fall wird keine Auszahlung veranlasst und stattdessen Unterlagen und Beweise, teilweise auch das kaputte Gerät, angefordert. Außerdem werden die folgenden Fragen beantwortet; das soll den Verdacht erhärten oder entkräften.

  • Ist der Vertrag jünger als 6 Monate?
  • Wurden in der jüngeren Vergangenheit Vertragsänderungen vorgenommen?
  • Wurde die Police immer fristgerecht und in voller Höhe gezahlt?
  • Wurden in den letzten 12 Monaten vom Versicherten schon andere Schäden gemeldet?
  • Wurden Fragen zum Versicherungsschutz, was sich speziell auf die aktuelle Schadensmeldung bezieht, gestellt?
  • Wurde die Schadensmeldung schnell sowie komplett nach dem Ereignis eingereicht?
  • Wurden alle Unterlagen, Rechnungen und Belege vollständig eingereicht und sind diese unauffällig?
  • Wurde der Schaden bereits vernichtet oder entsorgt?
  • Welche Zeugen gibt es und haben sie eine persönliche Verbindung zum Versicherten?

Schritt 2: Unabhängiger Gutachter bei einem erhärteten Verdacht

Nach der Prüfung der Unterlagen und Beantwortung der Fragen kann sich ein Verdacht weiter erhärten oder nicht. Ist ersteres der Fall, wird intensiver auf folgende Verhältnisse und Gegebenheiten geschaut:

  • Hat der Versicherte Vorstrafen?
  • Hat der Versicherte in der Vergangenheit öfter nach Schadensmeldungen die Versicherungen gewechselt?
  • Hat der Versicherte persönliche Verbindung von beteiligten Personen verschwiegen?

Das Versicherungsunternehmen kann jedoch auch einen unabhängigen Gutachter hinzuziehen, der den Schaden analysiert, eine Echtheitsprüfung der Unterlagen durchführt und die Schadenshöhe überprüft. Hier wird nach Fälschungen oder zum Beispiel erfundenen Herstellern geschaut.

Schritt 3: Strafanzeige

Wenn alle Zeichen auf Versicherungsbetrug zeigen und es nichts Entkräftendes gibt, das von einer Unschuld überzeugt, kann das Versicherungsunternehmen eine Strafanzeige stellen. Dann geht der Fall in die Verantwortung an die Staatsanwaltschaft, die ein Ermittlungsverfahren einleitet.

Geht es um sehr hohe Summe, ist es nicht unüblich, dass die Versicherer sogar eigene Privatdetektive einsetzen, um weitere ermittlungsrelevante Beweise zu bekommen.

Sonderschritt: Die Prävention

Es gibt noch einen Schritt, der außer der Reihe tanzt und das ist das bereits erwähnte Hinweise- und Informationssystem (HIS) der Versicherungsunternehmen im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Das System wird zu Präventionszwecken benutzt, indem hier alle gemeldeten Schäden erfasst werden. So können Betrüge schneller aufgedeckt, aber auch vermieden werden. Außerdem stellt das HIS einen Schutz der ehrlichen Versicherten dar.

Strafen und Verjährung

05 Versicherungsbetrug: Bis zu 5 Jahre Freiheitsstrafe

Ein Versicherungsbetrug ist keine Kleinigkeit – was auch an den Strafen deutlich wird:

  • bei kleineren Betrugsfällen muss mit Geldstrafen gerechnet werden
  • bei größeren Betrugsdelikten ist das Höchstmaß eine Freiheitsstrafe von 5 Jahren
  • Bandenmäßiger Betrug kann bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe bedeuten

Die gesetzliche Grundlage für Versicherungsbetrug findet sich im Strafgesetzbuch (StGB) § 263, in dem es um Betrug im Allgemeinen gilt. Bei einem Kfz-Versicherungsbetrug wird dann teilweise auch§ 315b StGB “Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr” hinzugezogen.

Aber es gibt auch eine Verjährungsfrist, die bei einem Betrug, also auch bei einem Versicherungsbetrug, 5 Jahre beträgt. Als Startpunkt wird die Auszahlung der Versicherungssummer oder die Schadensregulierung genommen.

Strafen und Verjährung

06 Verdächtige Unfälle erkennen und sich richtig verhalten

Schätze doch mal, welcher wievielte Kfz-Schadensfall ein Versicherungsbetrug ist?

Es soll jeder siebte sein. Und diese Zahl finden wir doch sehr viel. Du auch?

Aber wie kommt es zu einem Kfz-Versicherungsbetrug? Grundsätzlich kann man das in zwei Tatbestände einordnen:

  1. mit Absicht falsche Angaben zum Schaden oder dem Hergang machen
  2. einen Unfall absichtlich herbeiführen

Ja, es gibt Menschen, die einen Unfall provozieren, um etwas am Auto erneuern oder sich gar ein neues kaufen zu können und nehmen dabei bewusst in Kauf, auch andere Menschen zu verletzen.

Beispiele, die es teilweise in sich haben:

  • Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Fahrer mit Absicht zu abrupt an einer Ampel oder dem Zebrastreifen bremst (fingierter Auffahrunfall) – und es dann richtig knallt. Dieses Szenario wird auch als Ampel- oder Zebrastreifen-Trick bezeichnet.
  • Es werden aber auch bewusst Vorfahrtsunfälle verursacht, zumeist an Kreuzungen, an denen recht vor links gilt. An diesen Stellen fährt der Täter so los, dass das Auto, das Vorfahrt gewähren muss, nicht mehr rechtzeitig bremsen kann. Nicht selten hat der Täter einen Komplizen, der ein Zeichen gibt, wenn sich ein geeignetes Fahrzeug nähert.
  • Eine andere Masche ist ein mutwillig herbeigeführter Unfall mit Totalschaden. Das kommt besonders häufig bei längeren Kredit- und Leasingverträgen vor, um vorzeitig aus dem Vertrag herauszukommen, weil es nach Schadensfällen ein Sonderkündigungsrecht gibt.

Einen Versicherungsbetrug kann in diesem Fall nur ein Gutachter beweisen. Dieser simuliert den Unfallhergang und erstellt ein unfallanalytisches Gutachten. Wird ein Betrug nachgewiesen, verliert der Täter seinen Versicherungsschutz.

Erkennungsmerkmale eines verdächtigen Unfalls

  • Fahrzeug fährst erst langsam und beschleunigt kurzfristig beim Ausparken, Abbiegen, Spurwechsel.
  • Täter führt ein teures Auto, das schon viele Dellen hat.
  • Du bist alleine im Auto und sogar ein Fahranfänger oder eine ältere Person (sind besonders beliebte Opfer).
  • Täter tauchen ganz plötzlich hinter Verstecken auf, wie zum Beispiel hinter kleinen Häuschen auf Parkplätzen.
  • Eine andere Person an der Kreuzung gibt einem anderen Fahrzeug ein Handzeichen.
  • Der Täter symbolisiert dir mit der Hand, dass er dich fahren lässt, um dann doch loszufahren. Das Handzeichen wird abgestritten.
  • Der Täter ist nach dem Unfall verdächtig entspannt und routiniert.
  • Es tauchen plötzlich fremde Zeugen auf.
  • Täter oder Zeugen üben psychischen Druck aus.
  • Der Täter will Spuren entfernen, um “andere zu schützen”, wie das Wegfahren der Autos oder das Entfernen von Autoteilen und Scherben.

So schützt du dich

Bist du ein ehrlicher Versicherungsnehmer (oder das Opfer), solltest du bei jedem Unfall eigene Fotos machen und mögliche Zeugen finden, die den Unfall mitbekommen haben könnten. Damit bist du auf der sicheren Seite. Rufe die Polizei, vor allem wenn du unter Druck gesetzt wirst und erkenne die Schuld nicht (schriftlich) an. Und lasse nicht zu, dass der Unfallort oder Beweise verändert werden, bevor du nicht alles dokumentiert hast.

Und egal in welcher Position und Rolle du bist, in solch einem Fall kann dir auch eine Rechtschutzversicherung weiterhelfen.

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