Familie geht über Zebrastreifen
Jenny Gebel

Online-Redakteurin

Bundeshaushalt auf Sparkurs: Kein Elterngeld mehr für Gutverdienende

Der neue Bundeshaushalt 2024 steht im Zeichen des Sparens. Das bedeutet für viele Ressorts: Ausgaben senken. Das Familienministerium setzt dazu den Rotstift bei der Elterngeldgrenze an. Diese soll deutlich herabgesetzt werden, sodass für viele Paare die Berechtigung entfällt, Elterngeld zu beziehen. Dafür hagelt es viel Kritik.

  • Die Einkommensgrenze für das Elterngeld soll künftig von 300.000 Euro auf 150.000 Euro zu versteuernden Jahreseinkommen sinken.
  • Familienministerin Lisa Paus (Grüne) geht davon aus, dass etwa 60.000 Familien keinen Anspruch mehr auf diese staatliche Leistung haben werden.
  • Mit diesem Schritt will das Familienministerium zu dem Ziel beitragen, einen Haushalt zu schaffen, der im Einklang mit der Schuldenbremse des Grundgesetzes steht.

Am gestrigen Mittwoch hat das Bundeskabinett dem Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2024 zugestimmt. Dem Entwurf zufolge sollen die Ausgaben des Bundes im kommenden Jahr deutlich sinken: von aktuell 476,3 Milliarden Euro auf 445,7 Milliarden Euro.

Weil in den letzten Jahren aufgrund der Corona-Pandemie und der Energiekrise stets höhere Ausgaben nötig waren, soll der neue Haushalt nun wieder mit der Schuldenbremse aus dem Grundgesetz übereinkommen. Mit anderen Worten: Das Finanzministerium von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) verordnet den Ministerien einen rigiden Sparkurs.

Sparkurs im Familienministerium: Weniger Elterngeld ausgeben

So muss das Familienministerium seine Ausgaben senken. Hier traf es in erster Linie das Elterngeld, das zugleich der größte Posten des Ministeriums ist. Bundesfamilienministerin Lisa Paus hatte bereits vor der Abstimmung zum Haushalt 2024 bekannt gegeben, dass die Lohnersatzleistung vom Staat nur noch Eltern zustehen soll, die gemeinsam ein zu versteuerndes Jahreseinkommen von 150.000 Euro erzielen. Bisher liegt diese Einkommensgrenze bei 300.000 Euro. Eltern, die zu den Spitzenverdienern gehören, werden in Zukunft auf das Geld verzichten müssen, das vom Staat gezahlt wird, wenn Eltern nach der Geburt eines Kindes weniger oder gar nicht arbeiten.

Die Kosten für das Elterngeld sind in diesem Jahr auf 8,3 Milliarden Euro angestiegen. Im letzten Jahr lagen sie noch bei etwa 7,6 Milliarden Euro. Mit der Senkung der Einkommensgrenze will die Ministerin 290 Millionen Euro einsparen.

Bereits die Ankündigung, dass der Bezug des Elterngeldes gekappt werde, rief viel Kritik hervor.

Kein Anspruch auf Elterngeld: Wen betrifft es?

Nach Angaben der RTL-Sendergruppe erklärt die Ministerin in einem Interview, dass voraussichtlich 60.000 Familien in Zukunft keinen Anspruch mehr auf Elterngeld haben werden. Das Familienministerium geht davon aus, dass nur fünf Prozent aller Beziehenden von der Anpassung betroffen sein werden.

Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) kommt auf andere Zahlen, da die Experten auch Paare berücksichtigen, die noch kein Kind haben. Laut dem Spiegel sind es insgesamt etwa 435.000 Paare unter 50 Jahren, die mit ihrem zu versteuernden Jahreseinkommen über der neuen Grenze von 150.000 Euro liegen. Ob diese Paare aber jemals Kinder haben möchten, bleibt in der Untersuchung außen vor.

Wie ist das Einkommen zu deuten?

Bei der Einkommensgrenze geht es um das zu versteuernde Einkommen und nicht um den Bruttojahresverdienst. Das heißt, dass mögliche Freibeträge aus dieser Summe bereits abgezogen wurden. So gesehen liegt die neue Höchstgrenze für den Anspruch auf Elterngeld bei einem Brutto-Haushaltseinkommen von etwa 180.000 Euro. Jeder Elternteil verdient rechnerisch ein Jahresbruttoeinkommen von 90.000 Euro.

Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung erläutert gegenüber der Funke-Mediengruppe, dass etwa vier Prozent der steuerpflichtigen Paare ein solches Einkommen erzielen. Blickt man dabei nur auf die jüngere Altersgruppe, bei denen es am wahrscheinlichsten ist, dass sie eine Familie gründen, verringert sich der Anteil auf „maximal zwei Prozent der steuerpflichtigen Paare“, führt Bach aus.

Risiko, in alte Rollenbilder zurückzufallen

Auch wenn die Anpassung nur einen geringen Anteil der Eltern betrifft, gibt es heftige Kritik an dem Vorhaben, das Elterngeld für Gutverdienende zu kappen – vor allem aus gleichstellungspolitischer Sicht. So habe das Elterngeld für Paare, die zu den höher verdienenden Gruppen zählen, dafür gesorgt, dass auch Väter stärker in die Elternzeit eingebunden wurden, erklärte beispielsweise der Familienökonom Mathias Huebener gegenüber dem MDR.

Selbst Lisa Paus ist selbstkritisch mit ihrer Entscheidung. „Für die Gleichstellung, in der Tat, ist das kein Glanzstück“, sagte sie gegenüber dem Tagesspiegel.

Bleibt zu hoffen, dass sich die Sparmaßnahmen auszahlen, zum Beispiel für die Kindergrundsicherung, die ab 2025 geplant ist. Hier darf die Ministerin ebenfalls mit Finanzminister Lindner in Verhandlung gehen, wie viel Budget vom Haushalt für dieses Ziel in Zukunft eingeplant wird.

Was ist das Elterngeld?

Das Elterngeld wurde 2007 eingeführt. Als staatliche Lohnersatzleistung wird es an Eltern ausgezahlt, die nach der Geburt eines Kindes für einige Zeit weniger oder gar nicht mehr arbeiten und die dadurch ein geringeres Einkommen haben. Auch Elternteile, die vor der Geburt des Kindes nicht erwerbstätig waren, haben Anspruch auf die finanzielle Unterstützung der Familie.

Die Höhe des Elterngeldes hängt vom monatlichen Nettoeinkommen ab, das Mutter oder Vater vor der Geburt des Kindes erhalten haben. Das Basiselterngeld liegt zwischen 300 Euro und maximal 1.800 Euro monatlich. Je nach Einkommenshöhe entspricht dies 65 bis 100 Prozent des Nettogehalts.

Beziehen beide Eltern das Geld, so beträgt die Bezugsdauer maximal 14 Monate. Außerdem ist es möglich, mit Elterngeld bis zu 32 Stunden pro Woche in Teilzeit zu arbeiten.