Frau blättert Unterlagen durch
Jenny Gebel

Online-Redakteurin

Krankenversicherung: Selbstständigen droht hohe Nachzahlung

Selbstständige und Freiberufler müssen ihre Einkommensnachweise und Steuerbescheide nachträglich an die Krankenversicherung senden. Wer die Frist dazu um nur einen Tag verpasst, erhält umgehend Nachzahlungsforderungen von mehr als 7.000 Euro. Für die meisten Versicherten ist das nicht zu stemmen. Verbraucherschützer kritisieren die Regelung und fordern eine Gesetzesprüfung durch das Bundesgesundheitsministerium.

  • Gesetzlich versicherten Selbstständigen, die ihre Einkommensnachweise nicht fristgerecht an die Krankenversicherung gesendet haben, droht eine hohe Nachzahlung.
  • Zur Strafe für das Versäumnis sollen sie den Beitragshöchstsatz für das entsprechende Jahr zahlen, unabhängig von ihrem Einkommen.
  • Verbraucherschützer halten diese Regelung für unfair und fordern eine Prüfung durch das Bundesgesundheitsministerium.

Die Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung hängen vom Einkommen ab. Selbstständige und Freiberufler haben jedoch meist kein gleichbleibendes Einkommen. Sie zahlen daher zunächst jeden Monat einen vorläufigen Beitrag an die Krankenkasse. Später reichen sie ihre Einkommensnachweise und den Steuerbescheid für das jeweilige Jahr bei ihrem Krankenversicherer ein. Nach einer Gesetzesänderung von 2018 bleibt ihnen dafür nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres eine Frist von drei Jahren Zeit (SGB § 240 Absatz 4a).

Versäumte Frist hat teures Nachspiel

Was viele Versicherte jedoch nicht ahnten, sind die Folgen, falls sie diese Befristung nicht einhalten: Die Krankenversicherung fordert dann den Beitragshöchstsatz, der für das entsprechende Jahr galt. So stehen die Selbstständigen einer Zahlungsforderung von mehr als 7.000 Euro gegenüber. Zahlen sie die Forderung nicht, droht ihnen zu den Schulden noch der Verlust des Versicherungsschutzes. Dann bedeutet: Die Krankenkasse erstattet medizinische Leistungen nur noch im Notfall.

Verbraucherschutzzentrale Rheinland-Pfalz: „Die Sanktion ist unfair“

Nach Ansicht der Verbraucherzentralen übersteigt die Forderung aus dem § 240 des SGB, wonach freiwillig Versicherte bei versäumter Abgabe den Beitragshöchstsatz zahlen müssen, den angemessenen Rahmen. Bei der Regelung handele es sich zudem um keine „Strafnorm“, die die Krankenkassen dazu berechtigt, Beiträge unabhängig vom Einkommen zu fordern.

Die Verbraucherschutzzentrale Rheinland-Pfalz erklärt gegenüber dem SWR: „Die Sanktion ist unfair, da sie Versicherte mit sehr niedrigem Einkommen sehr viel stärker trifft, als Versicherter mit höherem Einkommen.“ Weiter heißt es: „Solche Härten dürften auch vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt sein. Andernfalls hätte er es explizit so formulieren müssen.“

Krankenkassen sehen keinen Handlungsbedarf

Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) sieht sich nicht in der Verantwortung. So wie die Rechtslage ist, müssen die Krankenkassen den Säumniszuschlag einfordern. Ob die Regelung gerecht ist oder nicht, sei Sache der Politik.

Das Gesundheitsministerium von Rheinland-Pfalz verweigert ebenfalls eine Prüfung mit der Begründung, dass die Fristenregelung zur Einreichung der Einkommensnachweise sehr großzügig sei. Eine „Strafzahlung“ entsteht lediglich, wenn diese Frist verletzt wird.

Nur das Bundesgesundheitsministerium versprach nach Anfrage des SWR, eine Prüfung des Paragrafen vorzunehmen. Ob dies für Betroffene, die aktuell mit den hohen Nachzahlungen konfrontiert sind, nachträglich eine Lösung ist, bleibt jedoch offen.