Frau am Smartphone in der Bahn
Jenny Gebel

Online-Redakteurin

Digitalisierung: Lauterbach macht Druck bei der ePatientenakte

Die Digitalisierung des Gesundheitswesens wird schon seit Jahren auf- und ausgebaut. Trotzdem hängt Deutschland hinter anderen europäischen Ländern hinterher. Bundesgesundheitsminister Lauterbach (SPD) will unser Gesundheitssystem nun endlich ins 21. Jahrhundert katapultieren. Dazu stößt er das Projekt der elektronischen Patientenakte neu an.

  • Bundesgesundheitsminister Lauterbach will die Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen vorantreiben.
  • Er plant, dass ab 2024 alle gesetzlich Krankenversicherten eine elektronische Patientenakte erhalten, falls sie nicht aktiv widersprechen.
  • Bisher gibt es die ePatientenakte auf freiwilliger Basis. Sie wird jedoch von wenigen Versicherten nachgefragt und kaum genutzt.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will endlich wieder mehr Schwung in die Digitalisierung des Gesundheitswesens bringen. Sein neuer Plan: Eine elektronische Patientenakte (ePA) verbindlich für alle Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung ab Ende 2024. Nur wer aktiv widerspricht, ist frei von dieser Regelung.

Neustart für die ePatientenakte: Was plant Lauterbach genau?

Am heutigen Donnerstag stellt der Gesundheitsminister in einer Pressekonferenz genauer vor, wie er die Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens beschleunigen möchte.

Bis 2025 sollen nach Plänen des Bundesgesundheitsministeriums 80 Prozent der Versicherten eine ePatientenakte erhalten haben.

Erreicht werden soll dies durch zwei Gesetze: ein Digitalgesetz und ein Gesundheitsdaten- Nutzungsgesetz (GDNG).
Das Digitalgesetz soll die breite Einführung der ePatientenakte regeln. Für jeden gesetzlich Versicherten soll demnach eine digitale Akte angelegt werden. Wer dies für sich ablehnt, muss über die Opt-out-Variante aktiv widersprechen.

Das Gesundheitsdaten-Nutzungsgesetz regelt wiederum die Nutzung und den Schutz der Patientendaten. So soll unter anderem auch die Forschung von diesen gesammelten Daten profitieren können. Wissenschaftler sollen mit pseudonymisierten Daten arbeiten können.
Das ist ein weiteres Ziel von Lauterbachs Initiative: Deutschland soll mit diesem weiteren Schritt in Richtung Digitalisierung auch in der medizinischen Forschung wieder wettbewerbsfähig sein. Der Zugang zu medizinischen Daten soll dank ePA einfacher werden als bisher.

Welche Vorteile bringt die ePatientenakte für Versicherte?

Im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung erklärte der Gesundheitsminister, was er sich von seiner Initiative verspricht. Einerseits haben Patienten über ihre Krankenkassen-App Zugriff auf all ihre Daten, medizinische Dokumente, Röntgenbilder, Befunde und Medikamentenpläne gesammelt in eigener Hand.

Ärzte könnten mit einer gut gepflegten elektronischen Patientenakte eine bessere Gesundheitsversorgung anbieten. Denn in der digitalen Akte sind alle Befunde zu einem Patienten zu jedem Zeitpunkt vorhanden.

Wie ist es aktuell um die ePatientenakte in Deutschland bestellt?

Die ePA gibt es bereits seit 2021 auf freiwilliger Basis. Allerdings hat aktuell weniger als ein Prozent der Versicherten eine solche digitale Akte. Nach Angaben von Lauterbach werden die Möglichkeiten bisher zudem kaum genutzt. Befunde, Röntgenbilder, Untersuchungsberichte und ähnliche Infos liegen verteilt bei Arztpraxen und Krankenhäusern.
Das ist erstaunlich, da die technischen Voraussetzungen für den digitalen Datenaustausch eigentlich schon vorhanden sind. Denn die Idee zu einer ePatientenakte gibt es schon viel länger. Sie wurde 2003 von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) eingebracht, als sie die elektronische Gesundheitskarte einführte.

Doch ungeklärte Fragen und gesetzliche Regelungen rund um die Nutzung der Daten (Stichwort Datenschutz) ließen das Projekt ePatientenakte in letzter Zeit etwas verstauben.

Welche Bedenken gibt es zu Lauterbachs Plänen?

Die Opt-out-Variante ruft Kritiker auf den Plan. Eugen Brysch, der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz erklärte gegenüber der Tagesschau, dass er die elektronische Patientenakte „für sinnvoll und richtig“ hält. Sie dürfe aber nicht die Patientenrechte aushebeln. Schweigen dürfe nicht als Zustimmung verstanden werden, weder bei Daten noch bei medizinischen Eingriffen.

Auch die Zentrale Ethikkommission der Bundesärztekammer erwartet nach Berichten der Tagesschau, dass die Opt-out-Lösung eine breite gesellschaftliche Debatte sowie eine umfassende Information der Bevölkerung brauche.