Ist Pflegegeld pfändbar? So urteilt der Bundesgerichtshof
Werden Pflegebedürftige insolvent, stellt sich bei ihnen schnell die Frage, ob dann auch ihr Pflegegeld gepfändet wird. Hier besteht jedoch keine Sorge, denn die Leistung ist in der Regel pfändungssicher. Doch wie sieht es aus, wenn die pflegende Person die Sozialleistung erhält? Darüber hat der Bundesgerichtshof in einem aktuellen Urteil entschieden.
- Pflegegeld an sich stellt laut Sozialgesetzbuch eine unpfändbare Geldleistung dar.
- Pflegebedürftigen darf die Sozialleistung daher nicht gepfändet werden.
- Gleiches gilt, wenn das Pflegegeld an eine Pflegeperson weitergeleitet wird. Dies entschied aktuell der Bundesgerichtshof.
Das Pflegegeld stellt eine monatliche steuerfreie Sozialleistung ab Pflegegrad 2 dar. Das Erste Sozialgesetzbuch (Paragraf 54) regelt dabei, dass es zu den „Geldleistungen zählt, die dafür bestimmt sind, den durch einen Körper- oder Gesundheitsschaden bedingten Mehraufwand auszugleichen.“ Als solches gilt das Pflegegeld für den Pflegebedürftigen als unpfändbar.
Ob die Sozialleistung allerdings auch dann nicht gepfändet werden kann, wenn sie an die pflegende Person weitergeleitet wird, musste nun der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden (Aktenzeichen IX ZB 12/22).
Insolvenzverwalter will Pflegegeld pfänden lassen
Im konkreten Fall geht es um eine Mutter, die ihren autistischen Sohn in der gemeinsamen Wohnung pflegt. Das Pflegegeld wird dabei an sie weitergeleitet. Die Frau selbst durchlief durch Verschuldung ein Insolvenzverfahren. Im Zuge dessen wollte der Insolvenzverwalter das Pflegegeld zum pfändbaren Arbeitseinkommen hinzuzählen und es entsprechend pfänden.
Pflegegeld: Materielle Anerkennung für Einsatz und Opferbereitschaft der Pflege
Der Bundesgerichtshof wies zunächst noch einmal auf Paragraf 54 des Ersten Sozialgesetzbuches hin, wonach eine Sozialleistung nicht gepfändet werden darf, wenn diese den körper- und gesundheitsbedingten Mehrbedarf ausgleicht.
Ferner erläutern die Karlsruher Richter, dass „das Pflegegeld seiner Konzeption nach kein Entgelt für die von der Pflegeperson erbrachten Pflegeleistungen darstellt. Es setzt vielmehr den Pflegebedürftigen in den Stand, Angehörigen und sonstigen Pflegepersonen eine materielle Anerkennung für die mit großem Einsatz und Opferbereitschaft im häuslichen Bereich sichergestellte Pflege zukommen zu lassen.“
Pfändung von Pflegegeld würde Anreiz für häusliche Pflege nehmen
Ohne diese Anerkennung würde es sicherlich Schwierigkeiten geben, die Pflege von Angehörigen in den eigenen vier Wänden zu bewerkstelligen. Eine Pfändung des Pflegegelds würde ebenfalls den Anreiz der Pflege nehmen – vor allem „wenn das Pflegegeld zwar beim Pflegebedürftigen unpfändbar bliebe, bei der Pflegeperson aber als nach den allgemeinen Vorschriften pfändbares Arbeitseinkommen behandelt werden würde.“
Der Bundesgerichtshof wies die Rechtsbeschwerde des Insolvenzverwalters daher zurück und urteilte, dass „das an die Pflegeperson weitergeleitete Pflegegeld unpfändbar ist.“