Geldscheine auf der Hand
Anja Schlicht

Redaktionsleitung

Schutz vor hohen Pflegekosten nur mit zusätzlicher Pflichtversicherung

Die gesetzliche Pflegeversicherung war nie dazu gedacht, die Pflegekosten voll zu übernehmen. Doch angesichts stetig steigender Kosten stellt dieses Konstrukt ein immer größeres Problem dar. Denn Pflegebedürftige werden zusehends finanziell belastet. Ein Expertenrat schlägt daher eine zweite verpflichtende Pflegeversicherung vor.

  • Wer pflegebedürftig wird, muss trotz jahrelang gezahlter Beiträge in die Pflegekasse einen Großteil der Pflegekosten selbst zahlen.
  • Mit einer zweiten Pflegepflichtversicherung könnte zumindest der Eigenanteil bei der Pflege in einem Heim deutlich reduziert werden.
  • Der Beitrag für die neue Pflichtversicherung soll zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern aufgeteilt werden.

Die Pflegeversicherung steht vor einem großen Problem: Einerseits steigen die Pflegekosten. Gründe hierfür sind etwa in der besseren Bezahlung von Pflegekräften und im demografischen Wandel zu finden. Es werden immer weniger Beitragszahler immer mehr Pflegebedürftigen gegenüberstehen. Andererseits gibt es kein Geld, um die gestiegenen Ausgaben solide zu finanzieren.

Zwar steigt der Pflegebeitrag im Juli je nach Kinderanzahl auf bis zu vier Prozent des Bruttoeinkommens. Doch damit wird die Pflegekasse nur kurzzeitig entlastet. Die Konsequenz: Pflegebedürftige müssen immer mehr selbst zahlen. Vor allem Personen, die in einem Pflegeheim versorgt werden, spüren dies. Sie müssen sich nicht nur mit dem sogenannten einrichtungseinheitlichen Eigenanteil an den Pflegekosten beteiligen, sondern zahlen unter anderem auch für die Unterkunft und Verpflegung.

Eigenteil an Pflegekosten mit zweiter Pflichtversicherung senken

Im Schnitt liegt der Eigenteil nach einer Auswertung des Verbands der Ersatzkassen vdek bei 1.139 Euro pro Monat. Durch staatliche Zuschüsse verringert sich der Anteil im Laufe der Zeit zwar auf unter 400 Euro. Doch bis dahin stellt der Eigenanteil eine immense finanzielle Belastung dar.

Genau hier setzt ein Vorschlag eines Expertenrats unter der Leitung des Wirtschaftsprofessors Jürgen Wasem an, den der Verband der Privaten Krankenversicherung ins Leben gerufen hat. Jeder Bürger soll eine Pflegezusatzversicherung verpflichtend abschließen, über die die hohen Eigenanteile an den Pflegekosten abgesichert sind. Lediglich ein Selbstbehalt von zehn Prozent soll so verbleiben.

Kostenpunkt: 39 bis 52 Euro monatlich

Die sogenannte Pflege+ Versicherung ist von den Experten als generationengerechte, paritätische Pflegekostenversicherung angedacht. So soll es keine Gesundheitsprüfung geben, die sich auf die Beitragshöhe auswirken könnte, und die Anbieter dürfen niemanden ablehnen. Den Beitrag zahlen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu gleichen Anteilen. Außerdem ist im Rentenalter nur noch die Hälfte des Beitrags fällig. Laut Berechnungen der Gruppe würden die monatlichen Kosten je nach Alter bei 39 Euro bis 52 Euro liegen.

Wichtig ist, dass die zusätzliche Pflegeversicherung verpflichtend für alle ist. Andernfalls schließen sie nur Personen mit erhöhtem Pflegerisiko ab, was die Kosten der Absicherung steigen lassen würde.

Freiwillige Angebote werden zudem nur sehr begrenzt genutzt, fasst der Expertenrat zusammen. Daran ändert auch die staatliche Förderung im Rahmen einer Pflege-Bahr-Versicherung nichts. Zehn Jahre nach ihrer Einführung gibt es lediglich rund eine Million abgeschlossene Verträge.

Bundesregierung bei der Pflegeversicherung im Zugzwang

Die Bundesregierung hat sich laut Koalitionsvertrag für diese Legislaturperiode vorgenommen zu prüfen, wie „die soziale Pflegeversicherung durch eine freiwillige, paritätisch finanzierte Vollversicherung“ ergänzt werden kann, „die die Übernahme der vollständigen Pflegekosten umfassend absichert.“ Daher bleibt abzuwarten, ob und wann die Politik Vorschläge des Expertenrats annehmen wird.