Frau blättert Unterlagen durch
Anja Schlicht

Redaktionsleitung

Pflegeversicherung: Beitrag erhöht sich für fast alle zum 1. Juli 2023

Gesundheitsminister Lauterbach (SPD) muss nicht nur ein milliardenschweres Defizit in der gesetzlichen Krankenversicherung beheben. Auch der Pflegeversicherung fehlt es an Geld. Mit einer Beitragserhöhung zum 1. Juli 2023 soll sie jährlich 6,6 Milliarden Euro mehr einnehmen. Gleichzeitig plant der Politiker kinderreiche Familien beim Beitrag zu entlasten.

  • Ab Juli 2023 steigt der Pflegebeitrag für fast alle.
  • Während vor allem kinderlose Bürger stärker belastet werden, sinkt der Beitrag für kinderreiche Familien.
  • Lauterbach plant darüber hinaus ein verbessertes Pflegegeld ab 2024.

Bereits ab Mitte des Jahres wird der Pflegebeitrag nach Willen des Gesundheitsministers angepasst. Statt 3,05 Prozent müssen Versicherte ab dem 1. Juli 2023 3,4 Prozent zahlen – sofern sie mindestens ein Kind haben. Für Kinderlose ab 23 Jahren gilt ein Zuschlag, den der Minister ebenfalls anpasst – von 0,35 Prozent auf 0,6 Prozent. Ihr Beitrag steigt demnach von 3,4 Prozent auf 4 Prozent an. Bei einem Bruttogehalt von beispielsweise 3.000 Euro bedeutet das eine Mehrbelastung von 18 Euro monatlich beziehungsweise 216 Euro im Jahr, wovon allerdings der Arbeitgeber einen Teil übernimmt.

Für Kinderlose erfolgte die letzte Erhöhung des Pflegebeitrags im Januar 2022. Damals stieg der Zuschlag um 0,1 Prozentpunkte an.

Erstmals mehr Pflegegeld seit 2017

Mit der Anpassung im Zuge des Gesetzes zur Unterstützung und Entlastung in der Pflege (Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz PUEG) würden 6,6 Milliarden Euro jährlich in die Pflegekasse gespült werden. Das Geld wird dort dringend benötigt. Denn die Pflegeversicherung hat nicht nur das letzte Jahr mit einem Defizit von zwei Milliarden Euro abgeschlossen. Dieses Jahr wird zudem ein Minus von drei Milliarden Euro erwartet.

Hinzu kommt, dass Lauterbach mit dem neuen Gesetz die Pflegeleistungen verbessert. So steigt das Pflegegeld für Pflegebedürftige, die in den eigenen vier Wänden von Angehörigen versorgt werden, um fünf Prozent. Dies ist die erste Anpassung seit 2017. Für den Pflegegrad 3 bedeutet dies beispielsweise statt 545 Euro rund 573 Euro pro Monat.

Auch beim Entlastungzuschlag für das Pflegeheim und bei den Pflegesachleistungen gibt es Anpassungen. Der Zuschlag für den einrichtungseinheitlichen Eigenanteil wurde erst 2021 eingeführt, doch die Entlastung für Pflegeheimbewohner ist nur minimal. Dem Gesetz zufolge ist folgendes geplant:

  • Im ersten Jahr der stationären Pflege: 15 statt bisher 5 Prozent
  • Im zweiten Jahr: 30 statt bisher 25 Prozent
  • Im dritten Jahr: 50 statt bisher 45 Prozent
  • Ab dem vierten Jahr: 75 statt bisher 70 Prozent

Zusätzlich ist vorgesehen, die Sach- und Geldleistungen in Abhängigkeit zur Preisentwicklung zu dynamisieren, einmal 2025 und ein weiteres Mal 2028.

Kinderreiche Familien werden über Pflegebeitrag entlastet

Mit der Anpassung des Pflegebeitrags zum 1. Juli 2023 setzt Lauterbach zudem eine Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts um. Dieses hatte im vergangenen Jahr geurteilt, dass es nicht mit dem Gesetz vereinbar ist, wenn Eltern unabhängig von der Zahl der von ihnen betreuten und erzogenen Kinder mit gleichen Beiträgen belastet werden (Aktenzeichen 1 BvL 3/18, 1 BvR 717/16 u.a). Bis Ende Juli 2023 sollte der Gesetzgeber daher eine Neuregelung schaffen.

Diese sieht nun wie folgt aus: Eltern werden beim Pflegebeitrag ab dem zweiten Kind bis zum fünften Kind um je 0,25 Prozent entlastet, bis der Nachwuchs 25 Jahre alt ist. Konkret bedeutet das diese Beitragssätze:

  • 1 Kind: 3,4 Prozent (Wegfall Kinderlosenzuschlag)
  • 2 Kinder: 3,15 Prozent
  • 3 Kinder: 2,90 Prozent
  • 4 Kinder: 2,65 Prozent
  • 5 und mehr Kinder: 2,4 Prozent

Der Arbeitgeber übernimmt vom Pflegebeitrag unabhängig von der Kinderanzahl fest 1,7 Prozent.