Geld anlegen an der Börse
Anja Schlicht

Redaktionsleitung

Zunehmende Kritik an der Aktienrente: „Ökonomischer Unfug“

In den nächsten Wochen will Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) eine Rentenreform vorlegen. Dabei soll die sogenannte Aktienrente dabei helfen, das Rentenniveau stabil zu halten. Doch nun mehrt sich die Kritik an der auch als Generationenkapital bezeichneten Stellschraube.

  • Der Rentenexperte der Grünen sieht bei der Aktienrente viele Fragen unbeantwortet, die deren Einführung behindern könnten.
  • Er ist nicht der einzige Kritiker, der sich gegen die von der FDP entwickelten Ideen stellt.
  • Die Partei verteidigt den Schritt, dass sich die Rentenversicherung dem Kapitalmarkt öffnet, als notwendig.

Arbeitsminister Heil und Finanzminister Lindner (FDP) sind sich einig: Noch in diesem Sommer wollen sie ein Rentenpaket vorlegen, mit dem das Rentenniveau von 48 Prozent dauerhaft gesichert werden soll. Ein zentrales Mittel dabei soll die Aktienrente beziehungsweise das Generationenkapital sein, das mit Inkrafttreten der Reform aufgebaut werden soll.

Nach einer Analyse von Markus Kurth, Rentenexperte bei den Grünen, wirft die Aktienrente allerdings „zahlreiche gravierende finanzielle, beihilferechtliche, vor allem aber verfassungsrechtliche Fragen auf.“ Aus seiner Sicht ist es daher fragwürdig, ob das Projekt wie geplant umgesetzt werden kann, berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Aktienrente: Vertrauen auf Renditen auf dem Kapitalmarkt

Geplant ist, dass jedes Jahr zehn Milliarden Euro in den Kapitalmarkt investiert werden. Mitte der 2030er Jahre soll mit dem Geld dann die Rentenkasse finanziell entlastet werden – also Beitragserhöhungen abgefedert werden. Das Problem: Deutschland will dafür Kredite aufnehmen. Damit umgeht Finanzminister Christian Lindner seiner Auffassung nach die Schuldenbremse. Denn das Geld wird nicht ausgegeben, sondern angelegt. Außerdem setzt der Politiker darauf, dass die Rendite, die mit dem Kapital erwirtschaftet wird, höher ist als die Kreditzinsen.

Für Kurth geht diese Rechnung nicht auf. Er zieht dabei die Entwicklung des Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung heran, der ebenfalls ein Staatsfonds ist. Dieser verbuchte im vergangenen Jahr einen Verlust von mehr als drei Milliarden Euro oder rund zwölf Prozent. „Wenn die Aktienrente ähnlich niedrige Renditen erreichen würde, wäre es besser, den Kredit gar nicht erst aufzunehmen“, so der 57-Jährige.

Ist die Aktienrente mit der Schuldenbremse vereinbar?

Axel Börsch-Supan vom Forschungsinstitut Ökonomie und Demografischer Wandel bezeichnet die Aktienrente mit Blick auf die geplanten Kredite im Tagesspiegel sogar als „ökonomischen Unfug.“ Denn die Schulden müssten die jüngeren Generationen tilgen. Doch gerade sie sollen durch die Aktienrente entlastet werden. Der Sinn des Generationenkapitals wird demnach zerstört.

Ob das Umgehen der Schuldenbremse mit dem Verfassungsrecht vereinbar ist, hat Kurth vom wissenschaftlichen Dienst des Bundestags in Erfahrung bringen lassen. In dem Gutachten gehen die Experten zunächst damit einher, dass die Kreditaufnahme und -weitergabe als finanzielle Transaktion betrachtet werden kann und damit die Schuldenbremse nicht verletzt. Die von der Regierung geplante Stiftung zum Anlegen der Gelder dürfte jedoch höchstwahrscheinlich der Schuldenbremse unterliegen, insbesondere wenn der Staat voll dafür haftet.

„Wette auf die Zukunft kann richtig schiefgehen“

Kritik an der Aktienrente kommt auch von anderer Stelle. So warnt die Präsidentin des Sozialverband VdK, Verena Bentele, dass „die Wette auf die Zukunft richtig schiefgehen kann.“ Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur fordert sie andere Möglichkeiten, „um für eine gute Rente zu sorgen, als in fragwürdige Aktien zu investieren.“ Bentele spricht sich beispielsweise dafür aus, dass auch Selbstständige, Abgeordnete und Beamte in die Rentenkasse einzahlen.

Der FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai stellt sich dagegen schützend vor die Aktienrente. Der Funke-Mediengruppe sagte er: „Wir können nicht weiter einzig und allein auf das Umlageverfahren setzen, das wäre geradezu fahrlässig und in höchstem Maße ungerecht gegenüber künftigen Generationen.“