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Patientenakte anfordern: Ärzte machen es Patienten schwer

Wer seine Patientenakte anfordern möchte, muss mit Gegenwehr rechnen. Dies geht aus der neuesten Studie von Stiftung Warentest hervor. Patienten haben zwar das Recht, ihren Behandlungsverlauf einzusehen. Für den Fall, dass der Arzt sich dennoch querstellt, hält die Verbraucherorganisation einige nützliche Tipps bereit.

Veröffentlicht am 11. August 2015
Wenn Patienten ihre Patientenakte anfordern, zeigen sich Praxen selten kooperativ. Zu diesem Schluss kam Stiftung Warentest (Ausgabe 08/2015) im Zuge einer Stichprobe. Dabei ist das Recht auf Einsicht in die Akte gesetzlich verankert und muss keinesfalls ein Ausdruck von Misstrauen sein. Oftmals können sich Patienten an einzelne Behandlungen nicht mehr erinnern oder möchten andere Ärzte über erfolgte Untersuchungen informieren. Einige Menschen legen auch großen Wert darauf, ihren Gesundheitszustand selbst einschätzen zu können und die Gespräche mit dem Arzt nachträglich aufzuarbeiten und zu verstehen.

Patientenakte anfordern ist gutes Recht

Noch mindestens zehn Jahre nach einer Behandlung lässt sich eine Patientenakte anfordern. So schreibt es das Patientenrechtegesetz vor. Dies ist der Zeitraum, für den Behandelnde verpflichtet sind, die Dokumentation aufzubewahren. Nach Paragraph 630g des Bürgerlichen Gesetzbuches müssen Ärzte ihren Patienten unverzüglich Einsicht in die Akte gewähren und auf Wunsch auch Kopien herausgeben. Wer von diesem Recht Gebrauch macht, muss die dafür anfallenden Kosten wie etwa Papier, Datenträger oder Versand allerdings selbst tragen.

Das Recht auf Akteneinsicht besteht nicht nur für ärztliche Behandlungen, sondern auch für Psychotherapien. Dies gilt jedoch ausschließlich für die objektiven und dokumentationspflichtigen Angaben. Auf eine Einsicht in die persönlichen Gesprächsnotizen, die der Therapeut während der Sitzung vornimmt, hat sein Klient keinen Anspruch.

 

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Test zeigt: Praxen rücken Patientenakten nur widerwillig heraus

Was Menschen tatsächlich zu erwarten haben, wenn sie ihre Patientenakte anfordern, wollte Stiftung Warentest anhand einer stichprobenartigen Untersuchung herausfinden. Dazu schickte die Verbraucherorganisation jeweils drei Testpersonen zu Hausärzten, Frauenärzten, Augen- und Zahnärzten. Die Ergebnisse können zwar nicht ohne weiteres verallgemeinert werden. Innerhalb der Stichprobe steht es um die Wahrnehmung der medizinischen Dokumentations- und Auskunftspflicht jedoch denkbar schlecht.

Nur in zwei von zwölf Fällen wurde die Akte bereitwillig herausgegeben. In sechs Praxen fragte das Personal dagegen zunächst nach den Gründen, in vier Fällen reagierten die Mitarbeiter sogar abweisend. Von den zwölf angeforderten Akten waren sieben nahezu leer oder zumindest sehr lückenhaft. Drei von ihnen waren aufgrund der Kopierqualität nur schlecht lesbar, auch die Handschriften ließen sich nur mit Mühe entziffern. Für die geforderten Patientenakten mussten die Tester gar nichts bzw. maximal 50 Cent zahlen. Nur eine Ärztin verlangte 14,40 Euro.

Redaktions-Tipp: Was enthält eine vollständige Patientenakte?

Eine Patientenakte muss den gesamten Kontakt zwischen Arzt und Patienten dokumentieren. Dazu zählen gemäß § 630g (BGB) “Anamnese, Diagnosen, Untersuchungen, Untersuchungsergebnisse, Befunde, Therapien und ihre Wirkungen, Eingriffe und ihre Wirkungen, Einwilligungen und Aufklärungen”.

Was bei der Forderung nach der Patientenakte zu beachten ist

Wenn Patienten ihre Patientenakte anfordern, müssen Behandelnde diese herausgeben. Ärzte und Psychotherapeuten dürfen das Dokument jedoch dann zurückhalten, wenn die Informationen den Patienten nachweislich belasten könnten oder wenn vertrauliche Informationen über dritte Personen oder über den Behandelnden selbst geschützt werden müssen. Patienten können ihre Akte persönlich, am Telefon oder schriftlich einfordern, müssen ihre Identität aus Datenschutzgründen jedoch nachweisen können. Gründe für die Forderung müssen sie nicht nennen. Hakt die Praxis oder die Klinik dennoch nach, genügt die Angabe „Für meine persönlichen Unterlagen.“

Wem die Auskunft verweigert wird, sollte hartnäckig bleiben und die Anfrage schriftlich wiederholen. Stiftung Warentest stellt dafür einen Musterbrief zur Verfügung. Bleibt auch dieser Versuch ohne Erfolg, können sich Patienten bei einer Ärztekammer beschweren oder sich bei der Unabhängigen Patientenberatung über weitere Möglichkeiten beraten lassen.