Frau bekommt Diagnose von Ärztin
Anja Schlicht

Redaktionsleitung

57 Prozent unzufrieden mit Gesundheitspolitik der Regierung

Nicht einmal jeder zweite Deutsche zeigt sich zufrieden mit der Gesundheitspolitik, wie eine aktuelle Umfrage für den IKK Bundesverband zeigt. Vor allem Ältere und Personen mit höheren Einkommen sind unzufrieden. Für den Verband geht dies unter anderem auf die unzureichende Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen zurück.

  • Laut den Innungskrankenkassen ist der Reformstau in der Gesundheitspolitik unübersehbar.
  • Dies verdeutlicht die Unzufriedenheit der Deutschen mit der Politik, die auf einem Höchststand ist.
  • Vor allem die Finanzierung der Kassen müsse zeitnah reformiert werden.

2020 hatte etwa jeder Dritte wenig bis kein Vertrauen in die Bundesrepublik, eine hochwertige, bezahlbare und nachhaltige Gesundheitsversorgung zu schaffen. Drei Jahre später ist die Skepsis deutlich gewachsen. Die Mehrheit der GKV-Versicherten (57 Prozent) ist nun mit der Arbeit der Politik nicht zufrieden. Das geht aus einer Forsa-Umfrage für den Bundesverband der Innungskrankenkassen (IKK e.V.) hervor, die der Verband zur Halbzeit der Ampel-Regierung in Auftrag gegeben hat.

Unter den Middle-Agern (45 bis 49 Jahre) ist die Unzufriedenheit mit 68 Prozent am größten. Aber auch bei den 18- bis 29-Jährigen ist jeder Zweite unzufrieden.

Politische Unzufriedenheit vor allem wegen klammer Finanzlage der Kassen

Der IKK e.V. identifiziert drei Faktoren, die die gestiegene Unzufriedenheit aus seiner Sicht erklären. Vor allem die unzureichende Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist für die meisten Versicherten spürbar. Dies zeigt sich auch bei den Befragten. Denn die Gruppe mit einem Haushaltseinkommen über 4.000 Euro im Monat ist am unzufriedensten mit der Gesundheitspolitik.

Neben der unzureichenden Finanzierung der Kassen als Unzufriedenheitsfaktor führen dem IKK e.V. zufolge die schleppende Digitalisierung des Gesundheitswesens – mehr als ein Viertel der Versicherten sind die digitalen Dienste der Kassen gar nicht bekannt – und die Versichertenberatung zu Missmut.

Lieber höhere Beiträge als Leistungen streichen

Der Verband kritisiert, dass die Finanzierung alles andere als solide aufgestellt ist. Um die steigenden Ausgaben abzufedern, hat Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bereits eine weitere Beitragserhöhung zum Jahreswechsel angekündigt.

Generell wäre solch eine Beitragserhöhung laut der Forsa-Umfrage für 40 Prozent der Befragten in Ordnung, wenn die Kosten für alle steigen und die Leistungen gleich bleiben, um die Kassen finanziell zu entlasten. Für Leistungskürzungen ist dagegen nur jeder Zehnte. 18 Prozent sprechen sich für die Einführung einer Selbstbeteiligung bei Arztbesuchen aus.

Solch einen Vorschlag hatte der Ökonom Bernd Raffelhüschen im Februar gemacht. Der Gesundheitsminister hat jedoch klargestellt, dass ein Selbstbehalt für ihn keine Stellschraube ist.

Einsparungen für Versicherte von mehreren 100 Euro möglich

Doch die Krankenkassen könnten auch auf anderen Wegen zu mehr Geld kommen. So regt der IKK e.V. die Umwandlung von Genusssteuern zu einer Gesundheitsabgabe an. Mehr als 80 Prozent der Befragten finden diese Maßnahme gut oder sehr gut.

Der Vorstandsvorsitzende Hans Peter Wollseifer weist darauf hin, dass der Staat jährlich 17 Milliarden Euro über die Tabak- und Alkoholsteuer einnimmt. „Eine Umwandlung der Steuern in eine Abgabe zugunsten des Gesundheitsfonds würde die Finanzierung durchaus schon ein gutes Stück verbreitern.“

Mit mehr Einnahmen aus anderen Bereichen könnte der Beitrag für Versicherte spürbar gesenkt werden – der Verband spricht von Einsparungen für Durchschnittsverdiener von über 400 Euro im Jahr. Dafür müsste unter anderem

  • der Staat höhere Beiträge für Bürgergeldbezieher zahlen,
  • die Mehrwertsteuer auf Arzneimittel gesenkt werden und
  • der Bundeszuschuss dynamisiert werden.