Person rechnet mit Taschenrechner
Josephien Albrecht
Josephien Albrecht

Content-Managerin

Ist die Riester-Rente ab 2022 gescheitert?

Es ist beschlossen: Ab 2022 sinkt der Garantiezins für Lebens- und Rentenversicherungen von 0,9 Prozent auf 0,25 Prozent. Ohne Reform ist die Riester-Rente deswegen am Ende. Was das bedeutet und wie Verbraucher reagieren können, erklärt finanzen.de!

Veröffentlicht am 30. April 2021

Das Bundesgesetzblatt hat diese Woche die Änderung des Höchstrechnungszinses – auch Garantiezins genannt – veröffentlicht. Ab nächstem Jahr dürfen Lebensversicherer nur noch maximal mit einem Zins von 0,25 Prozent jährlich kalkulieren.

2011 lag der Garantiezins noch bei 2,25 Prozent, fiel ein Jahr später auf 1,75 Prozent. 2015 senkte ihn das Bundesfinanzministerium auf 1,25 Prozent ab, zuletzt lag der Höchstrechnungszins seit 2017 bei 0,9 Prozent.

Für die Riester-Rente stellt das ein Problem dar. Schon in der Vergangenheit hatten viele Lebensversicherer aufgrund des niedrigen Zinses die staatlich geförderte Altersvorsorge aus ihrem Angebot genommen.

Nach Angaben der Ratingagentur Assekurata zogen sich in den letzten Jahren bereits 40 Prozent der deutschen Lebensversicherer aus der Sparte Riester zurück.

Was bedeutet die Senkung des Garantiezinses zukünftig für die Riester-Rente?

Versicherer müssen sich zur Kalkulation ihrer Produkte je nach Tarifgestaltung nach dem Garantiezins richten. Bei der Riester-Rente kommt erschwerend hinzu, dass der Gesetzgeber eine 100-prozentige Beitragsgarantie vorschreibt. Lebensversicherer sind also gezwungen, mindestens die Höhe der eingezahlten Beiträge sowie die staatlichen Förderzulagen als Auszahlung zu garantieren.

Der Spielraum für renditebringende Investments am Aktienmarkt ist damit extrem gering, denn sie würden ein gewisses Verlustrisiko mit sich bringen. Versicherer müssen die Beiträge der Riester-Rente wegen der Beitragsgarantie aber in sehr sichere Anlagen investieren – die sehr wenig Rendite bringen.

Wenn der Garantiezins nun auf 0,25 Prozent sinkt, wird das Produkt Riester-Rente aufgrund der Verwaltungs- und Abschlusskosten für Versicherer noch unprofitabler als bisher, eine Garantie der Beiträge ist kaum noch möglich.

Die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) appelliert deshalb an die Bundesregierung. „Ohne eine Abkehr von der 100-prozentigen Beitragsgarantie heute gibt es morgen am Markt vermutlich keine Riester-Rente und Beitragszusage mit Mindestleistung (BZML) mehr, über deren Ausgestaltung gesprochen werden kann”, so DAV-Vorstandsvorsitzender Guido Bader zur neuen Entwicklung.

Sollte die seit langem verschobene Reform der Riester-Rente nicht zügig erfolgen, glaubt Bader, dass Versicherer zeitnah Konsequenzen ziehen und die Riester-Angebote vom Markt nehmen.

Lohnt sich ein Riester-Abschluss noch und welche Alternativen gibt es?

Wer Kinder hat und daher die jährlichen Förderzulagen von 300 Euro pro Kind (für ab 2008 geborene Kinder) beziehungsweise 185 Euro (für vor 2008 geborene Kinder) vom Staat zusätzlich zur eigenen Förderung von 175 Euro kassieren kann, wird von der Riester-Rente vorerst noch profitieren.

Bis 2022 werden die Verträge weiterhin nach dem aktuellen Garantiezins abgeschlossen, für solche „Altverträge” gelten die Änderungen im nächsten Jahr also nicht.

Sollte es im kommenden Jahr keine Angebote mehr geben oder ist Verbrauchern generell eine höhere Rendite wichtig, eignet sich alternativ eine fondsgebundene private Rentenversicherung oder fondsgebundene Rürup-Rente. Letztere ist staatlich gefördert über Steuervorteile, die sich besonders für Besserverdiener auszahlen.
Auch mit einem Langzeitinvestment in breit diversifizierte Fonds oder ETFs können Verbraucher renditestark für das Alter vorsorgen. Interessierte können sich selbst einen individuellen Überblick zu möglichen Produkten im Renten-Tool verschaffen oder sich Empfehlungen im Gespräch mit einem Berater holen.

Wann wird die Riester-Rente reformiert?

Im Koalitionsvertrag von 2018 spielte die Reform der Riester-Rente noch eine wichtige Rolle für SPD und Union. Die CDU brachte die Riester-Reform immer wieder ins Gespräch. So war sie eine der Voraussetzungen der Union, um dem SPD-Herzensprojekt Grundrente zuzustimmen.

Dass die versprochene Reform noch in dieser Legislaturperiode kommen würde, daran glaubt jedoch spätestens seit Anfang des Jahres niemand mehr. In den bis zur Bundestagswahl geplanten Gesetzesvorhaben des SPD-geführten Finanzministeriums erschien die Riester-Reform mit keiner Silbe.

Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft, fordert angesichts der neuen Lage dennoch ein Handeln vor der Bundestagswahl: „Weil eine umfassende Riester-Reform noch in dieser Legislaturperiode leider kaum mehr realistisch ist, sollte die verbleibende Zeit zumindest für eine Teilreform genutzt werden, vor allem für eine Absenkung der Garantien.“

Verbraucherschützer halten dies nicht für eine geeignete Maßnahme. Sie fordern, dass Versicherer stattdessen ihre Kosten senken.