Frau rechnet etwas nach
Jenny Gebel

Online-Redakteurin

Krankenkassen: Milliarden-Minus und wieder Beitragsanstieg ab 2024?

Für das Jahr 2024 sieht der Verband der Ersatzkassen e.V. (vdek) ein Defizit von etwa 30 Milliarden Euro auf die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zukommen. Das würde eine drastische Erhöhung des Krankenkassenbeitrages nach sich ziehen. Daher fordern die Vertreter der Kassen, dass die Bundesregierung die Finanzreform der GKV endlich angeht und eine solide Finanzierung sichert.

  • Der Verband der Ersatzkassen warnte diese Woche vor einem drohenden Defizit in Höhe von 30 Milliarden Euro, das den Kassen für 2024 bevorsteht.
  • Die Folge wäre ein weiterer Anstieg des Zusatzbeitrages der gesetzlichen Krankenversicherung um etwa zwei Prozentpunkte auf 3,6 Prozent.
  • Unterstützt wird er vom Sozialverband Deutschland (SoVD), der von der Bundesregierung eine zukunftsorientierte Finanzreform fordert.

Der Verband der Ersatzkassen e.V. (vdek) zeichnete auf seiner Neujahrs-Pressekonferenz am letzten Dienstag ein düsteres Bild für die Zukunft: Für 2024 rechnen die gesetzlichen Krankenversicherungen mit einem Defizit von satten 30 Milliarden Euro, vorausgesetzt, verschiedene Maßnahmen zur Entlastung und Verringerung von Ausgaben würden nicht umgesetzt.
Der ehrenamtliche Verbandsvorsitzende Uwe Klemens fordert daher, dass die nachhaltige Finanzreform der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ganz weit oben auf der politischen Agenda stehen müsse.

Mehr Ausgaben – weniger Zuschuss für 2024

Die Finanzierung der GKV für 2023 sei gesichert. Trotzdem steigen die Ausgaben weiter an. So rechnet der Verband für 2023 mit fünf Prozent höheren Kosten und 2024 mit weiteren vier Prozent Mehraufwand. Einmalig gewährte Bundeszuschüsse fallen im nächsten Jahr wieder weg. Des Weiteren haben die Krankenkassen ihre Geldreserven abgebaut, was die Finanzierungslücke erheblich vergrößert.

Was bedeutet der mögliche Kostenanstieg für Verbraucher?

Um diese Lücke wieder etwas zu stopfen, müsste der durchschnittliche Zusatzbeitrag um etwa zwei Prozentpunkte angehoben werden, also von den aktuellen 1,6 Prozent auf 3,6 Prozent. Zusammen mit dem allgemeinen Krankenkassenbeitrag von 14,6 Prozent müssten gesetzlich Versicherte einen Gesamtbeitragssatz von 18,2 Prozent monatlich bezahlen.

Bei einem Bruttoeinkommen in Höhe von 3.000 Euro wären es 546 Euro pro Monat, die sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber teilen müssten. Das wären 60 Euro mehr als nach dem derzeitigen Gesamtbeitrag von 16,2 Prozent (14,6 Prozent und 1,6 Prozent durchschnittlicher Zusatzbeitrag).

Was schlägt der Vdek vor?

Doch der Verband kommt nicht nur mit Forderungen und Warnungen. Er verweist auch auf Lösungsvorschläge. Würde die Mehrwertsteuer für Arzneimittel von 19 auf 7 Prozent herabgesetzt, könnten sich Einsparungen von bis zu sieben Millionen Euro ergeben. Eine weitere Entlastung erhofft sich der Verband von der Umsetzung der „Dynamisierung des Bundeszuschusses“, wodurch die Beiträge für Bürgergeld-Empfänger kostendeckend aus Steuermitteln finanziert werden.
Beide Maßnahmen sind bereits im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung vereinbart, warten aber noch auf die Umsetzung.
Mit dem Geld aus dem Bundeszuschuss finanzieren die Krankenkassen sogenannte versicherungsfremde Leistungen wie Mutterschaftsgeld, Kinderkrankengeld oder die beitragsfreie Familienversicherung.

Sozialverband (SoVD): Wir brauchen eine zukunftsorientierte Finanzreform

Mit Blick auf das milliardenhohe Defizit, das den gesetzlichen Krankenkassen droht, fordert auch der Sozialverband von der Bundesregierung eine grundlegende Änderung des bisherigen Kurses – vor allem auch, um die Beitragszahler zu entlasten.
Die stellvertretende Verbandschefin des Sozialverbandes Deutschland Ursula Engelen-Kefer sprach sich gegenüber der Augsburger Allgemeinen für eine „ehrliche, zukunftsorientierte Finanzreform“ aus. „In der gesetzlichen Krankenversicherung hangeln wir uns von einem Jahr zum nächsten. Es muss endlich Schluss sein mit dem jährlichen Flickenteppich von Maßnahmen, die nur das Ziel haben, die milliardenschwere Finanzierungslücke notdürftig zu stopfen.“ fasste die Vizepräsidentin des SoVD die Situation zusammen.
Gründe für die weiterhin hohen Defizite bei den Kassen sieht sie vor allem in teuren Gesetzgebungen aus der vergangenen Legislaturperiode.
Doch nicht nur die Krankenversicherung rechnet mit roten Zahlen, auch die Pflegeversicherung kämpft mit hohen Ausgaben. Wenn nicht an allen Ecken und Enden der Sozialversicherungen die Beiträge steigen sollen, muss die Bundesregierung handeln.