Warnung vor Hochwasser
Anja Schlicht

Redaktionsleitung

Naturgewalten: Rückt die Pflichtversicherung für Häuser wieder näher?

Unwetter, Tornados, Starkregen, Hochwasser – Naturkatastrophen bedeuten in Deutschland immer häufiger eine Gefahr für Leib und Leben. Auch Gebäude werden oft stark beschädigt. Ohne Versicherung sind die Reparaturen finanziell kaum zu stemmen. Nach Willen einiger Bundesländer soll daher eine Pflichtversicherung für Hausbesitzer eingeführt werden.

  • Im Sommer vergangenen Jahres verwüsteten Überschwemmungen und Sturzfluten viele Landstriche.
  • Angesichts der immensen Schäden wurden die Rufe nach einer verpflichtenden Gebäudeversicherung für alle Hausbesitzer lauter.
  • Nun scheint das Vorhaben einen wichtigen Schritt genommen zu haben.

Baden-Württemberg und Sachsen wollen auf der Ministerpräsidentenkonferenz die Einführung einer Pflichtversicherung für Hausbesitzer vorantreiben. Dieser Vorstoß ist keinesfalls neu, scheiterte in der Vergangenheit jedoch an verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Justizminister der Länder hatten zuletzt wieder geprüft, ob eine Pflichtversicherung angesichts der klimatischen Veränderungen weiterhin verfassungsrechtlich problematisch sein könnte. Bei der gestrigen Justizministerkonferenz machten die Minister nun den Weg frei, teilte die baden-württembergische Ressortchefin Marion Gentges den Stuttgarter Nachrichten mit.

Darüber hinaus hat der Sachverständigenrat für Verbraucherfragen ein Gutachten zur Frage erstellen lassen, ob die Versicherungspflicht mit dem europäischen Unionsrecht und dem deutschen Verfassungsrecht vereinbar ist. Demnach greife die Pflicht zwar in das Grundrecht der Wohngebäudeeigentümer auf allgemeine Handlungsfreiheit ein. Dies sei aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

Zu wenige Hausbesitzer haben Versicherungsschutz gegen Elementarschäden

Auslöser für den neuen Versuch, einen verpflichtenden Versicherungsschutz für Hausbesitzer einzuführen, ist die Naturkatastrophe 2021 in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Sie kostete nicht nur mehr als 180 Menschen das Leben, sondern hinterließ enorme Verwüstungen.

„Angesichts der geänderten klimatischen Bedingungen müssen wir davon ausgehen, dass sich solche Ereignisse wiederholen. Gleichwohl besitzt rund die Hälfte aller Wohnungseigentümer bislang keine Versicherung gegen Elementarschäden“, so der NRW-Justizminister Peter Biesenbach.

Versicherungswirtschaft setzt weiter auf Eigenverantwortung

Einen Vorschlag, wie die Pflichtversicherung umgesetzt werden könnte, macht der Bund der Versicherten (BdV). Er plädiert für einen Risikopool, finanziert durch einen Zuschlag auf die Grundsteuer. Wer bereits mit einer Gebäudeversicherung mit Elementarschadenschutz vorgesorgt hat, muss den Aufschlag nicht zahlen.

Während Verbraucherschützer für eine Pflichtversicherung sind, steht der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) dem Vorhaben kritisch gegenüber. Er ist zwar für eine bessere Absicherung der Hausbesitzer, allerdings auf freiwilliger Ebene. Neuverträge sollen demnach nur noch mit dem Elementarschutz angeboten werden, Altverträge bis zu einem Stichtag umgestellt werden. Wer den Schutz nicht möchte, kann aktiv widersprechen.

Dies wäre insgesamt nicht nur ein milderes Mittel als ein staatlicher Versicherungszwang. Zudem wäre dieser Weg „schneller umzusetzen und käme mit weniger Änderungen und Eingriffen in einen Markt für Naturgefahrenversicherungen aus“, so GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen.

Klarheit über Pflichtversicherung bis Ende 2022?

Wie genau eine Pflichtversicherung ausgestaltet wäre, könnte nun der Bund bis Ende 2022 erarbeiten. Auf der heutigen Ministerpräsidentenkonferenz wollen Baden-Württemberg und Sachsen den verpflichtenden Versicherungsschutz für Elementarschäden einbringen. „Das Thema war schon mehrfach Thema in Bund-Länder-Runden und es wird Zeit, dass da ein Knopf drangemacht wird nach den großen Unwetterkatastrophen“, sagte Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg, den Stuttgarter Nachrichten.