Bundestag mit Fahne
Anja Schlicht

Redaktionsleitung

Pflegeversicherung: Ampel plant 4-Milliarden-Euro Zuschuss zu streichen

Erst seit zwei Jahren bekommt die gesetzliche Pflegeversicherung einen Zuschuss von einer Milliarde Euro. Nun soll dieser schon wieder gestrichen werden. Stattdessen plant die Bundesregierung, die Zuwendungen für den Pflegevorsorgefonds zu kürzen. Dieser Schritt sorgt für deutliche Kritik.

  • Für die kommenden vier Jahre will die Regierung den Bundeszuschuss für die gesetzliche Pflegeversicherung streichen.
  • Stattdessen soll weniger Geld in den Pflegevorsorgefonds fließen.
  • Diese Entscheidung könnte für kommende Generationen teuer werden.

Anfang Dezember soll der Bundestag das Haushaltsfinanzierungsgesetz zum Bundeshaushalt 2024 beschließen. Zunächst sah der entsprechende Entwurf noch vor, dass die gesetzliche Pflegeversicherung nur im kommenden Jahr auf den Bundeszuschuss von einer Milliarde Euro verzichten muss. Doch nun soll der Zuschuss sogar bis 2027 gestrichen werden.

Um die Mindereinnahmen auszugleichen, ist geplant, dass ein kleinerer Anteil der Beitragsgelder in den Pflegevorsorgefonds fließt. Dorthin wandern aktuell 0,1 Prozent des Beitragssatzes, was etwa 1,6 Milliarden Euro jährlich entspricht. Ab 2024 sollen es lediglich 700 Millionen Euro sein, sodass der fehlende Bundeszuschuss annähernd ausgeglichen wird.

Vorsorgefonds zur Beitragsentlastung ab 2034 eingeführt

Der Pflegevorsorgefonds wurde 2015 eingeführt, um die steigende Belastung der gesetzlichen Pflegeversicherung ab 2034 abzufedern. Dann werden die Babyboomer (Geburtsjahr zwischen 1959 und 1967) in einem Alter sein, in dem die Wahrscheinlichkeit deutlich steigt, pflegebedürftig zu werden. Die Leistungsausgaben werden sich entsprechend erhöhen. Damit dies nicht ausschließlich über steigende Beiträge finanziert wird, soll der Pflegevorsorgefonds für eine Entlastung sorgen. Das Volumen des Fonds beläuft sich derzeit auf über zehn Milliarden Euro.

Fließen künftig weniger Mittel als kalkuliert in den Fonds, drohen künftige Generationen in eine Beitragsspirale zu geraten. Dies kann die Bundesregierung nur mit langfristigen Maßnahmen verhindern.

AOK-Bundesverband kritisiert Zweckentfremdung von Beitragsgeldern

Die geplante Kürzung des Bundeszuschusses bis 2027 sorgt für Kritik. Die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, Dr. Carola Reimann, bezeichnet dies als „böse Überraschung“. Sie wirft der Regierung vor, die Beitragszahlungen für den Pflegevorsorgefonds „indirekt zur Sanierung des Bundeshaushalts zu zweckentfremden.“

Reimann ergänzt: „Das strukturelle Defizit der Pflegeversicherung, das auch im Jahr 2025 wieder entstehen wird, soll allein von den Beitragszahlenden gedeckt werden. Dabei wird es ganz wesentlich durch versicherungsfremde Leistungen verursacht, die die Pflegeversicherung für den Staat übernimmt.“

In die für das kommende Jahr von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angekündigte Pflegereform mit dem Ziel einer stabilen Finanzierung setzt die Vorstandsvorsitzende keine großen Hoffnungen. Es sei absehbar, dass die Maßnahmen nur Symbolpolitik sind. „Die Probleme werden bewusst in die nächste Legislatur verschoben.“

Erst zum 1. Juli wurde der Pflegebeitrag um 0,35 Prozent angepasst. Gleichzeitig werden nun kinderlose Versicherte stärker belastet. Sie zahlen jetzt 4 Prozent statt zuvor 3,4 Prozent. Die Beitragsbelastung nimmt also stetig zu – während die Leistungen der Pflegeversicherung kaum steigen. Dies führt dazu, dass Pflegebedürftige immer höhere Pflegeheimkosten zu tragen haben. Im Schnitt sind es derzeit 2.548 Euro monatlich.