Flughafenterminal am Gate
Anja Schlicht

Redaktionsleitung

BGH urteilt: Rücktrittsversicherung erstattet auch Bonusmeilen

Wer eine Versicherung abschließt, geht davon aus, gut versichert zu sein. Doch nicht immer interpretieren Kunden und Versicherer die Versicherungsbedingungen gleich. Dann muss oftmals ein Richter entscheiden, ob ein Fall abgedeckt ist. So ist es auch einem Versicherten mit einer Reiserücktrittsversicherung ergangen, die Bonusmeilen nicht entschädigen wollte.

  • Werden Flüge mit Bonusmeilen gezahlt, zählen diese zu den Leistungen, die eine Reiserücktrittsversicherung entschädigen muss.
  • Für den Leistungsfall ist entscheidend, dass dem Versicherten Vermögensnachteile durch den Nichtantritt der Reise entstanden sind.
  • Mit diesem Urteil hat der Bundesgerichtshof die Rechte von Verbrauchern bei stornierten Flugreisen gestärkt.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat aktuell ein überraschendes Urteil gefällt. Denn nachdem die Vorinstanzen die Klage eines Mannes als unbegründet betrachteten, war die Hoffnung auf eine erfolgreiche Revision vor den Bundesrichtern eher gering.

Umso interessanter ist das Urteil für alle, die sich mit einer Reiserücktrittsversicherung absichern. Denn die Karlsruher Richter vertreten die Auffassung, dass diese auch Bonusmeilen entschädigen muss, wenn diese für die Buchung eines Fluges genutzt wurden (Aktenzeichen IV ZR 112/22).

Bonusmeilen nicht handelbare Einheit

Im konkreten Fall geht es um Flüge in die USA und zurück, die der Versicherte mit Bonusmeilen für den August 2019 gebucht hatte. Diese musste er jedoch krankheitsbedingt stornieren. Da die Versicherung Reisekosten bis 3.000 Euro versichert, wollte er die eingesetzten Bonusmeilen erstattet bekommen. Nach Auffassung des Versicherers sind die Meilen allerdings keine entschädigungsfähigen Leistungen, da sie nicht handelbar sind – sie können also weder gekauft noch verkauft werden.

Der Versicherte setzte dem entgegen, dass ihm die Bonusmeilen bei der Stornierung von der Fluggesellschaft nicht ersetzt wurden. Ihm ist dadurch ein finanzieller Schaden entstanden, denn die Meilen sind weg.

BGH: Versicherer muss Bonusmeilen entschädigen

Während die Vorinstanzen die Bonusmeilen ähnlich interpretierten wie die Reiserücktrittsversicherung, wertet der Bundesgerichtshof den Fall anders. Den Richtern zufolge gehören Bonusmeilen zu den vertraglich geschuldeten Rücktrittskosten. Sie haben einen Wert, „weil der Kläger sie im Rahmen des Bonusprogramms als Gegenleistung für angebotene Waren oder Dienstleistungen einsetzen kann.“

Reiseversicherung muss umfassend finanzielle Risiken absichern

Der BGH betont in seinem Urteil, dass es bei den allgemeinen Versicherungsbedingungen darauf ankommt, wie ein „durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie versteht.“ Demnach kann dieser aus den Bedingungen entnehmen, bei Nichtantritt einer Reise für geschuldete Rücktrittskosten entschädigt zu werden. Dass dabei nur Geldzahlungen oder handelbare Leistungen erstattet werden, kann der Versicherte anhand der Vertragsbedingungen nicht erkennen.

Vielmehr „wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer ableiten, dass der Versicherer verspricht, für eine konkrete Vermögenseinbuße infolge des Nichtantritts der Reise aufzukommen. Als Vermögenseinbuße wird er nicht nur Geldzahlungen, sondern auch sonstige Vermögensnachteile ansehen.“

Außerdem ist die Versicherung dafür da, Versicherte von finanziellen Risiken zu befreien, „die mit der Buchung einer Reise verbunden sind, deren Antritt gegebenenfalls erst Wochen oder Monate später ansteht.“ Unter diesem finanziellen Risiko sind auch Bonusmeilen zu verstehen, die bei Stornierung des Flugs nicht von der Fluggesellschaft erstattet werden.

Wie viel Geld der Versicherte nun von seiner Reiserücktrittversicherung bekommt, steht noch aus. Der Bundesgerichtshof gab den Fall zurück an das Landgericht Wuppertal.

Tipp: Fälle wie dieser zeigen, wie schnell es im Alltag zu rechtlichen Auseinandersetzungen kommen kann – sei es während einer Pauschalreise mit dem Reiseanbieter, mit dem Arbeitgeber wegen einer Abmahnung oder mit dem eigenen Versicherer. Mit einer Rechtsschutzversicherung im Rücken lassen sich solche Streitfälle wesentlich entspannter klären, denn die Rechtskosten sind über den Rechtsschutz abgesichert.