Rentnerin schaut aus Fenster
Anja Schlicht

Redaktionsleitung

Neurentner bekommen weniger Rente als Bestandsrentner

Wer im vergangenen Jahr in Rente gegangen ist, bekommt im Schnitt weniger ausgezahlt als Bestandsrentner. Das zeigen Zahlen der Deutschen Rentenversicherung. Gleichzeitig wächst das Interesse am verfrühten Renteneintritt. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum haben bereits jetzt 35.000 Menschen mehr die Rente mit 63 beantragt.

  • Aktuelle Zahlen der Deutschen Rentenversicherung belegen ein leicht sinkendes Rentenniveau.
  • Vor allem Männer sind betroffen.
  • Sie bekamen 2022 durchschnittlich fast 100 Euro weniger Rente im Vergleich zu Bestandsrentnern.

Personen, die 2022 in den Ruhestand gegangen sind, erhielten laut dem Bundesarbeitsministerium im Schnitt 1.084 Euro Rente im Monat. Das sind 15 Euro weniger als die durchschnittliche Rente für Personen, die bereits im Ruhestand waren. Diese Zahlen nannte das Ministerium als Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion.

Der Unterschied nach Geschlechtern ist noch einmal größer. Männer, die im vergangenen Jahr erstmals eine Rente bezogen, bekamen im Schnitt 1.275 Euro, während Bestandsrentner 1.373 Euro erhalten. Bei den Frauen gingen die Bezüge für Personen aus den neuen Bundesländern um 46 Euro pro Monat zurück. Für Frauen in Westdeutschland stieg die Rente dagegen um 20 Euro.

Für Dietmar Bartsch, Fraktionschef der Linken im Bundestag, ist die Situation besorgniserregend. „Wenn Neurentner weniger Geld in der Tasche haben als Bestandsrentner, ist das eine fatale Entwicklung“, sagte er. Als Gegenmaßnahme wiederholte er die Forderung seiner Partei, die Renten um zehn Prozent zu erhöhen. Außerdem müsste der Mindestlohn von 12 Euro auf 14 Euro angepasst werden.

Unabhängig von der Forderung können sich die rund 21 Millionen Rentner in Deutschland auf eine spürbare Rentenerhöhung 2024 einstellen.

Immer mehr Deutsche nehmen Rente mit 63 wahr

Das sind nicht die einzigen aktuellen Zahlen der Deutschen Rentenversicherung. In einer weiteren Statistik zeigt sich, dass die sogenannte Rente mit 63 weiterhin beliebt ist. Durch sie können Personen, die 45 Jahre lang in die Rentenkasse eingezahlt haben, beziehungsweise entsprechende Beitragszeiten haben, bis zu vier Jahre früher in den Ruhestand gehen, ohne dass ihre Rente durch Abschläge gekürzt wird.

Wie die Bild-Zeitung unter Berufung der Deutschen Rentenversicherung berichtet, sind in den ersten drei Quartalen dieses Jahres fast so viele Anträge auf die Frührente gestellt worden wie 2015, dem ersten vollen Jahr, in dem die Rente mit 63 galt.

Mehr als 245.000 Personen haben in diesem Jahr einen Antrag gestellt. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum des letzten Jahres waren es nur rund 210.000 Anträge. Den Grund für den Anstieg sieht die Deutsche Rentenversicherung in den sogenannten Babyboomer-Jahrgängen. Sie kommen nun in ein Alter, in dem sie die abschlagsfreie Rente in Anspruch nehmen können.

Da die Frührentner sehr lange in die Rentenkasse eingezahlt haben, sind ihre Renten vergleichsweise hoch. Ende 2022 bezogen rund 2,1 Millionen Deutsche die Rente für besonders langjährig Versicherte. Im Schnitt erhielten sie 1.507 Euro pro Monat.

Studie: Lieber früher als später in Rente gehen

Eine Studie des Demografie Netzwerks ddn verdeutlicht, dass die Rente mit 63 für viele Menschen ein anvisiertes Ziel ist. Wenn es sich die Befragten aussuchen könnten, würden fast zwei Drittel nicht länger als bis 63 arbeiten. Besonders hoch gefragt ist der vorzeitige Rentenbeginn bei den 40- bis 49-Jährigen. Hier würden sich 70 Prozent früher aus dem Erwerbsleben verabschieden.