Belebte Innenstadt
Anja Schlicht

Redaktionsleitung

Rentenkasse droht Großteil des Bundeshaushalts zu verschlingen

Über die gesetzliche Rente wird andauernd diskutiert. Denn viele Experten sind sich einig: So wie es ist, kann es nicht weitergehen. Das weiß zwar auch die Ampel-Regierung. Sie will in den kommenden Wochen eine Rentenreform vorstellen. Doch das Festhalten am stabilen Rentenniveau würde vor allem zulasten anderer Zukunftsprojekte gehen, warnen Ökonomen.

  • Die Mittel für die Rentenkasse nehmen bereits jetzt rund ein Viertel des Bundeshaushalts ein.
  • In Zukunft könnte mehr als die Hälfte des Haushalts für die gesetzliche Rentenversicherung gebraucht werden, fürchten Ökonomen.
  • Sie fordern Anpassungen beim Rentenniveau, der Rente mit 63 und bei der kapitalgedeckten Altersvorsorge.

Das gesetzliche Rentenniveau soll auch die nächsten Jahre nicht unter 48 Prozent fallen. Dies ist das erklärte Ziel von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP). Wie dies erreicht werden soll, wollen die beiden Politiker noch in diesem Sommer mit einem Gesetzentwurf vorstellen.

Doch schon jetzt sorgen die Pläne für Kritik. So warnt aktuell der Wissenschaftliche Beirat aus dem Wirtschaftsministerium, dass die Haltelinie von 48 Prozent schon in den 2040er Jahren dafür sorgen könnte, dass mehr als die Hälfte des Bundeshaushalts in die Rentenkasse fließen muss. Zum Vergleich: Der Haushalt 2023 hat ein Volumen von 476 Milliarden Euro, wovon 112 Milliarden Euro für die gesetzliche Rentenversicherung eingeplant sind.

Rentenniveau von mindestens 48 Prozent nur für bestimmte Personengruppen

Nimmt die Rentenkasse einen derart hohen Anteil der Steuermittel ein, werden Zukunftsaufgaben verdrängt, „etwa der sozial-ökonomische Umbau der Wirtschaft, vermehrte Bildungsanstrengungen und der Ausbau der öffentlichen Infrastruktur“, heißt es in einem Schreiben des Beirats an den Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).

Um dies zu verhindern, schlagen die Ökonomen vor, das Mindestsicherungsniveau nur für bestimmte Personengruppen vorzusehen. Eindringlich warnen sie davor, alle Einkommensgruppen einzubeziehen.

Begrenzungen bei der Rente mit 63 gefordert

Auch mit Blick auf das Renteneintrittsalter und die Aktienrente beziehungsweise das Generationenkapital hat der Wissenschaftliche Beirat Empfehlungen parat. Einerseits sollte die Rente mit 63 auf die Personengruppen beschränkt werden, die „gesundheitlich und/oder einkommensmäßig weniger privilegiert sind.“ Aktuell sind unter den Frührentnern viele gut ausgebildete, überdurchschnittlich verdienende und gesündere Menschen, die durch ihren Austritt aus dem Berufsleben den Fachkräftemangel verstärken.

Andererseits sollte der Fonds, der für die Aktienrente ins Leben gerufen werden soll, nicht öffentlich verantwortet werden. „Die internationale Erfahrung zeigt, dass derartige Fonds unterdurchschnittliche Renditen abwerfen“, so die Ökonomen unter dem Vorsitzenden Eckhard Janeba. Sinnvoller wäre eine Stärkung der Betriebsrente mit der Einführung einer Standardbetriebsrente für kleinere und mittlere Unternehmen, statt eine neue kapitalgedeckte Säule unter eigener Verantwortung aufzubauen.

Renteneintrittsalter anheben

Das Renteneintrittsalter wurde zuletzt auch von der Wirtschaftsweisen Monika Grimm infrage gestellt. Sie setzt sich dafür ein, den Rentenbeginn an die Lebenserwartung zu koppeln – eine Idee, die bereits vielfach diskutiert wurde. Ihr Vorschlag: Verlängert sich die Lebenserwartung um ein Jahr, verschiebt sich der Renteneintritt um acht Monate. Konkret sagte sie den Funke-Zeitungen: „Die Formel in Zukunft könnte sein: Nimmt die Lebenserwartung um ein Jahr zu, so würden zwei Drittel des zusätzlichen Jahres der Erwerbsarbeit zuschlagen und ein Drittel dem Ruhestand.“