Überschwemmung
Anja Schlicht

Redaktionsleitung

Streit über Pflichtversicherung gegen Elementarschäden entbrannt

Mit einer Gebäudeversicherung lassen sich teure Schäden am Haus absichern, doch längst nicht jeder Eigentümer kann oder will die Versicherung abschließen. Um die öffentliche Hand zu entlasten, drängen die Bundesländer seit Jahren auf eine Versicherungspflicht. Diese schien kurz vor dem Durchbruch zu stehen. Doch nun folgte die unerwartete Absage.

  • Justizminister Marco Buschmann (FDP) hat die Versicherungspflicht für Hausbesitzer vorerst gestrichen.
  • Er wolle damit das Leben und Wohnen in Deutschland nicht noch teurer machen.
  • Die Entscheidung sorgt für Unverständnis bei den Ländern, die sich bereits geeinigt hatten.

Seit Jahren wird über eine Pflichtversicherung für Hausbesitzer diskutiert, mit denen sie sich gegen Elementarschäden absichern. Im Schnitt sorgt jeder zweite Verbraucher mit einer Gebäudeversicherung vor, je nach Bundesland sind es aber auch nur zwischen 28 und 36 Prozent. Die mangelnde Absicherung gegen Naturgefahren sorgt dafür, dass oftmals Bund und Länder gefragt sind, wenn Gebäude durch Extremwetterereignisse beschädigt werden.

Als beispielsweise im vergangenen Juli andauernder Starkregen vor allem in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz zu schweren Überschwemmungen geführt hat, der nicht nur mindestens 180 Menschen das Leben kostete, sondern auch unzählige Häuser unbewohnbar machte, beschloss die Bundesregierung ein 30 Milliarden Euro teures Hilfspaket.

Bundesländer sind sich bei Pflichtversicherung einig

Ebenso lang wie die Diskussion um die Pflichtversicherung anhält, wurden verfassungsrechtliche Bedenken geäußert. Im Februar dieses Jahres legte jedoch der Sachverständigenrat für Verbraucherfragen ein Gutachten vor, aus dem eine Vereinbarkeit mit dem europäischen Unionsrecht und dem deutschen Verfassungsrecht hervorgeht.

Mit diesem Gutachten im Rücken fühlten sich nicht nur die Bundesländer bestärkt, die bisher hinter der Pflichtversicherung standen. Auch bislang zurückhaltende Länder stellten sich hinten die Pläne. Im Juni bekannten sich die Regierungschefs „erneut zum Ziel der Einführung einer Pflichtversicherung für Elementarschäden.“ Bis zur nächsten Ministerpräsidentenkonferenz im Dezember sollte die Bundesregierung die Einführung prüfen.

FDP stellt sich gegen Versicherungspflicht

Da sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) 2021 noch als Finanzminister offen für die Pflichtversicherung zeigte, waren die Erwartungen an die Konferenz hoch. Diese wurden nun jäh enttäuscht. Denn Justizminister Marco Buschmann stellt sich gegen eine Einführung. Dem Handelsblatt teilt er mit, dass die Regierung „in einer Zeit höchster finanzieller Belastung privater Haushalte die Finger von allem lassen sollte, was Wohnen und Leben in Deutschland noch teurer macht.

Bei den Ländern sorgt diese Entscheidung für Verwunderung, auch mit Blick auf den Vorschlag, dass die Bundesländer eine individuelle Einführung prüfen könnten. „Eine Versicherungspflicht, die in 16 Ländern jeweils eigenständig unterschiedlich ausgestaltet ist, ist kaum praktikabel“, erläutert der Chef der Staatskanzlei von Nordrhein-Westfalen, Nathanael Liminski (CDU), gegenüber LTO.

Versicherer gegen verpflichtende Gebäudeversicherung

Während den Bundesländern nun nichts anderes übrig bleibt, als das Thema im nächsten Jahr weiter voranzutreiben, begrüßt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft die aktuelle Lage. Er steht einer Pflichtversicherung kritisch gegenüber, denn sie würde keinen einzigen Schaden verhindern. Die Versicherer appellieren hingegen, mehr auf Prävention und Klimafolgenanpassung zu setzen.

Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass auf die Versicherer durch eine Pflichtversicherung hohe Schäden zukommen könnten. Die Katastrophe im Ahrtal kostete sie beispielsweise rund 8,5 Milliarden Euro.

Kritik an Justizminister Buschmann

Wie das Handelsblatt berichtet, wird angesichts der überraschenden Entscheidung des Justizministers in Länderkreisen darüber gesprochen, dass die FDP dem Druck der Versicherungsunternehmen nachgegeben hat. Kritisch wird außerdem die Äußerung Buschmanns betrachtet, das Nein zur Pflichtversicherung sei innerhalb der Bundesregierung abgestimmt. Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte am Montag, dass die Gespräche zwischen Bund und Ländern seiner Auffassung nach fortgesetzt werden.

„In den Beratungen der Bundesregierung erfolgte ausdrücklich noch keine Vorfestlegung hinsichtlich der Frage des ‚Ob‘ der Einführung einer Verpflichtung zur Absicherung gegen Naturgefahren“, zitiert das Handelsblatt zudem den parlamentarischen Staatssekretär im Verbraucherschutzministerium, Christian Kühn. Das letzte Wort zur Pflichtversicherung für Hausbesitzer gegen Elementarschäden scheint somit noch nicht gesprochen zu sein.