Geldscheine in Brieftasche
Anja Schlicht

Redaktionsleitung

Garantiezins-Senkung 2022 verteuert Berufsunfähigkeitsversicherung

Zum 1. Januar 2022 wird der Garantiezins von 0,9 Prozent auf 0,25 Prozent gesenkt. Der auch als Höchstrechnungszins bekannte Wert ist vor allem für die Lebensversicherung relevant. Die Absenkung wirft allerdings auch ihre Schatten auf die Kosten der Berufsunfähigkeitsversicherung. Die Versicherer erwarten steigende Beiträge.

Veröffentlicht am 27. Mai 2021

  • Ein Garantiezins von künftig 0,25 Prozent ist nicht nur für Interessierte einer Lebensversicherung eine schlechte Nachricht.
  • Auch für die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) ist mit Konsequenzen zu rechnen.
  • Um bis zu zehn Prozent könnten die Beiträge steigen.

Viele Menschen verbinden den Garantiezins mit der Lebens- und Rentenversicherung. Je nach Tarif bieten die Versicherer die garantierte Verzinsung der Sparbeiträge, sodass Versicherte schon zum Vertragsabschluss wissen, wie hoch ihre Auszahlung mindestens ausfallen wird. Nicht wenige Kunden schätzen diese Planungssicherheit.

Dieser Garantiezins wird Anfang Januar auf 0,25 Prozent abgesenkt. Diese Entwicklung ist insbesondere für die Riester-Rente problematisch. Aber auch andere Versicherungen, die mit der Mindestverzinsung arbeiten, werden sich überlegen müssen, ob sie Interessierten noch entsprechende Angebote machen können.

Der Höchstrechnungszins betrifft aber noch weitere Versicherungssparten. So hat das Versicherungsjournal eine Umfrage unter fast 60 Anbietern einer Berufsunfähigkeitsversicherung zu den Auswirkungen der Absenkung gestartet. Die Mehrheit geht demnach davon aus, dass die Beiträge für den Versicherungsschutz 2022 steigen werden.

Versicherungsschutz bis zu 10 Prozent teurer

Schon die vorherigen Anpassungen des Garantiezinses haben gezeigt, dass davon auch die Berufsunfähigkeitsversicherer betroffen sind. Hintergrund ist, dass die Anbieter für den Versicherungsfall – also die Berufsunfähigkeit – Kapital in Höhe der voraussichtlichen Leistungen aufbauen. Dieses Finanzpolster wird mit dem Garantiezins verzinst. Fallen die Zinsgewinne nun niedriger aus, müssen Versicherte mehr einzahlen, damit der Kapitalstock die gleiche Höhe wie vor der Zinsabsenkung hat.

An der Umfrage des Versicherungsjournals haben 31 Gesellschaften teilgenommen. Diese gehen zum Teil von einer zehnprozentigen Beitragsanpassung aus. Das könnte vor allem die Bruttobeiträge treffen. Sie geben an, wie viel Versicherte maximal für ihre Berufsunfähigkeitsversicherung zahlen müssen. Der Betrag reduziert sich jedoch meist etwa durch Überschüsse, die mit dem Bruttobeitrag verrechnet werden. Die Spanne zwischen Brutto- und Nettobeitrag könnte 2022 deutlich größer sein als bisher.

Es ist davon auszugehen, dass jüngere Versicherte die Anpassungen am meisten zu spüren bekommen. Denn je jünger Personen beim Vertragsabschluss sind, desto größer muss das Finanzpolster sein, die der Anbieter für den Leistungsfall aufbaut. Dieses muss im Ernstfall einen sehr langen Zeitraum abdecken.

Auch Anpassungen bei der Risikolebensversicherung möglich

Die Umfrage zeigt zudem: Manche Versicherer arbeiten bereits mit einer niedrigen Garantieverzinsung im Bereich von 0,25 Prozent bis 0 Prozent. Hier dürften die Auswirkungen des neuen Garantiezinses kaum spürbar sein. 60 Prozent nutzen allerdings noch die aktuelle Verzinsung von 0,9 Prozent.

Auch in der Risikolebensversicherung könnten die Beiträge steigen. Allerdings erwarten die befragten Versicherer deutlich geringere Anpassungen von nur rund zwei Prozent.

BU vor allem für Akademiker günstig

Generell sehen Marktbeobachter Veränderungen im BU-Markt. Die Qualität der Tarife ist schon auf einem hohen Niveau, sodass der Wettbewerb eher über den Preis stattfindet. Hier arbeiten die Versicherungsunternehmen mit immer kleineren Berufsgruppen, in die Versicherte eingeteilt werden.

„Für ausgewählte Zielgruppen wird der schon vorher günstige Schutz noch günstiger, während für viele Erwerbstätige aus hohen jetzt oft unbezahlbare Prämien werden. Die BU entwickelt sich zusehends zu einem Produkt für (vorzugsweise junge) Akademiker. Für Beschäftigte mit niedrigerem Bildungsabschluss, körperlich Tätige und Menschen mit gesundheitlichen Problemen passt dieses Produkt immer weniger“, fasst Katrin Bornberg von Franke und Bornberg Research GmbH im Interview mit dem Versicherungsboten die Entwicklung zusammen.