Hände von Eltern und Baby
Anja Schlicht

Redaktionsleitung

Gericht streicht Wartezeit für Krankentagegeld bei Mutterschutz

Selbstständige, die sich für die private Krankenversicherung entscheiden, wählen häufig ein Krankentagegeld dazu, um im Krankheitsfall finanziell abgesichert zu sein. Dieses wird nach Ablauf einer Wartezeit gezahlt. Laut einem aktuellen Urteil muss der Versicherer das Krankentagegeld jedoch sofort zahlen, wenn die versicherte Person im Mutterschutz ist.

  • Gehen privat versicherte Selbstständige mit Krankentagegeldanspruch in den Mutterschutz, entfällt die sonst übliche Wartezeit.
  • Dies hat das Landgericht Ravensburg beschlossen.
  • Grundsätzlich könnte sich der finanzielle Schutz für Selbstständige während des Mutterschutzes verbessern, wenn Familienministerin Lisa Paus ihre Ankündigungen umsetzt.

Wer gesetzlich krankenversichert ist, blickt bei Schwangerschaft auf eine vergleichsweise komfortable finanzielle Situation. Denn sobald die Mutterschutzfrist sechs Wochen vor der Geburt beginnt, zahlt die Krankenkasse ein Mutterschaftsgeld aus – und das bis acht Wochen nach der Geburt. Angestellte müssen sich daher häufig wenig Gedanken ums Geld machen, denn die meisten von ihnen sind Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung.

Anders sieht es für Selbstständige aus. Sie müssen sich aktiv um die Absicherung während des Mutterschutzes kümmern. So haben sie als freiwillig gesetzlich Versicherte nur dann Anspruch auf das Mutterschaftsgeld, wenn sie mit ihrer Krankenkasse ein Krankengeld vereinbart haben.

Ähnlich sieht es für privat versicherte Selbstständige aus. Sobald sie im Mutterschutz sind, springt das Krankentagegeld ein – allerdings erst nach Ablauf einer Wartezeit, die je nach Vereinbarung beispielsweise bei 21 oder 43 Tagen liegen kann. Für betroffene Frauen bedeutet dies, dass sie im Mutterschutz noch möglichst lange arbeiten, um die finanzielle Lücke klein zu halten.

Aus Sicht des Landgerichts Ravensburg ist diese Praxis der privaten Krankenversicherer allerdings nicht zulässig (Aktenzeichen 1 S 117/21).

Landgericht Ravensburg stärkt Rücken von privat versicherten Müttern

Im konkreten Fall klagte eine selbstständige Tierärztin gegen ihren Versicherer, wie die Deutsche Apotheker Zeitung berichtet. Demnach arbeitete sie viel mit Pferden, sodass es ihr aufgrund des hohen Risikos nicht möglich war, während des Mutterschutzes weiterzuarbeiten.

Da sie mit ihrem Versicherer eine Wartezeit von 21 Tagen für das Krankentagegeld vereinbart hatte, zahlte dieser die Leistung ab dem 22. Tag und damit nach drei Wochen Mutterschutz aus. In dieser Zeit war die Frau finanziell von ihrer Familie abhängig. Gegen die Anwendung der Karenzzeit während der Mutterschutzfrist klagte sie erfolgreich.

Koalition will Situation für Selbstständige im Mutterschutz verbessern

Dass es Unterschiede in der Absicherung von werdenden selbstständigen und angestellten Müttern gibt, ist der Politik bestens bekannt. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) möchte dies in den kommenden Monaten ändern. Ende letzten Jahres kündigte sie Verbesserungen für Selbstständige im Mutterschutz an: „Gleichbehandlung zwischen Selbstständigen und Angestellten ist nicht ganz einfach. Aber es muss auch Selbstständigen möglich sein, ohne zu hohe Hürden eine Familie gründen zu können. Daher sollten wir auch die Freistellung für Selbstständige ermöglichen“, sagte Paus den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Was genau das bedeutet, ließ die Ministerin offen. Auch wann die Ankündigung umgesetzt wird, ist noch unklar.