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Anja Schlicht

Redaktionsleitung

Regierung erteilt Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze Absage

Der gesetzlichen Krankenversicherung fehlt es an Geld. Um dies zu ändern, könnte die sogenannte Beitragsbemessungsgrenze erhöht werden. Dies hatten zuletzt auch SPD und Grüne angeregt. Für Die Linke ist dieser Schritt sogar notwendig, um den Solidaritätsgrundsatz zu wahren. Doch die Regierung zeigt sich skeptisch bis ablehnend.

  • Mit einer Erhöhung des Höchstbeitrags für die gesetzliche Krankenversicherung könnte ihr Finanzierungsproblem gelöst werden.
  • Die Bundesregierung befürchtet jedoch eine deutliche Abwanderung von freiwillig Versicherten in die private Krankenversicherung.
  • Im Koalitionsvertrag wird das Thema ausgespart, sodass keine wesentlichen Änderungen zu erwarten sind.

5,4 Millionen Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung haben im letzten Jahr so viel verdient, dass ihr Krankenkassenbeitrag durch die Beitragsbemessungsgrenze gedeckelt wurde. Sie zahlten also den Höchstbeitrag an ihre Krankenkasse.

Der Linkspartei ist diese Einschränkung ein Dorn im Auge. Aus ihrer Sicht widerspricht die aktuelle Beitragsbemessungsgrenze „dem Solidaritätsgrundsatz, wonach Gutverdienende mehr beitragen sollen als Geringverdienende“. Dies geht aus einer Anfrage an die Bundesregierung hervor. Die Partei erachtet daher eine deutliche Erhöhung als notwendig. Mit den Mehreinnahmen könnte der Beitragssatz der gesetzlichen Krankenversicherung reduziert werden, was eine Entlastung für alle bedeuten würde.

Höhere Beitragsbemessungsgrenze: Anreiz zum Wechsel in die private Krankenversicherung?

Mit einer Anfrage an die Bundesregierung wollte Die Linke nun erfahren, wie diese eine Erhöhung bewertet. In ihrer Antwort stimmt die Regierung zwar zu, dass die Pflege- und Krankenkasse mehr Geld zur Verfügung hätte. Sie befürchtet jedoch, dass dann auch mehr freiwillige versicherte Personen in die private Krankenversicherung wechseln würden. Denn ihre Krankenkassenkosten würden durch eine höhere Grenze spürbar steigen. Diese Abwanderung der freiwilligen Mitglieder würde die Mehreinnahmen einer angepassten Beitragsbemessungsgrenze reduzieren.

Unabhängig davon ließ die Bundesregierung durchblicken, dass eine deutliche Anpassung nicht auf der Agenda steht. Da das Thema nicht im Koalitionsvertrag festgehalten wurde, sind Änderungen eher unwahrscheinlich.

SPD und Grüne mit kurzlebigem Vorstoß

Schon Ende Mai hatten sich Grüne und SPD für eine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze ausgesprochen. So könnte sie auf das Niveau der Rentenversicherung angepasst werden, also 7.100 Euro im Monat in den neuen Bundesländern und 7.300 Euro in den alten – statt derzeit 4.987,50 Euro.

„Dies würde für die gesetzliche Krankenversicherung deutliche Mehreinnahmen bedeuten und – anders als höhere Beitragssätze – lediglich Gutverdiener belasten“, erläuterte etwa die Grünen-Fraktionsvize Maria Klein-Schmeink im Handelsblatt. Nach heftiger Kritik von FDP und Arbeitgebern wurde es jedoch schnell still um den Vorstoß.

Höhere Zusatzbeiträge zum Jahreswechsel wahrscheinlich

Mit Blick auf das Finanzierungsproblem der gesetzlichen Krankenversicherung gibt es nur wenige Stellschrauben. Die Beitragsbemessungsgrenze ist eine. Eine andere ist ein höherer Bundeszuschuss. Gegen diesen stellt sich jedoch Finanzminister Christian Lindner (FDP).

Viele Experten gehen daher davon aus, dass die Beiträge der gesetzlichen Krankenversicherung zum Jahreswechsel steigen werden. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) stimmt die Versicherten bereits auf die Kostenerhöhung ein. Schon Anfang Juni sagte er, dass „der Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung im nächsten Jahr erneut leicht steigen muss.” Um das erwartete Defizit zwischen 3,5 Milliarden und 7 Milliarden Euro auszugleichen, müsste der Zusatzbeitrag von 1,6 Prozent auf 1,8 bis 2,0 Prozent steigen.

Bürgerversicherung durch die Hintertür?

Kritiker einer deutlich höheren Beitragsbemessungsgrenze sehen darin die Einführung der Bürgerversicherung durch die Hintertür. Denn mit der Grenze würde auch die Versicherungspflichtgrenze steigen, die aufzeigt, ab welchem Einkommen Angestellte in die private Krankenversicherung wechseln können. Somit wäre der Zugang für Arbeitnehmer erschwert.

Auch manche Krankenkassen zeigen sich skeptisch. Sie sehen es als problematisch an, dass das Finanzierungsproblem weiterhin auf die Beitragszahler abgewälzt wird. „Statt immer wieder das Solidarsystem zu belasten, brauchen wir auch Lösungen für das Ausgabenproblem, etwa faire Preise für neue Arzneimittel“, betont beispielsweise Jens Baas, Chef der Techniker Krankenkasse, im Handelsblatt.