Rentensystem in Deutschland – Wie lange funktioniert der Generationenvertrag noch?

Das deutsche Rentensystem wird auf drei Säulen aufgebaut. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen der klassischen gesetzlichen Versorgung, der betrieblichen Versorgung und der privaten Altersvorsorge. Doch was lohnt sich überhaupt, wenn gesetzliche Rentenkassen immer leerer werden und die Politik offenbar nicht handelt?

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Wie ist das Rentensystem in Deutschland aufgebaut?

So viel wissen Sie wahrscheinlich schon: Ihre Altersrente sollte nicht nur von der gesetzlichen Rentenversicherung kommen. Möglicherweise sorgen Sie zusätzlich über Ihren Arbeitgeber und privat vor. Dann machen Sie schon einiges richtig, um der Altersarmut aus dem Weg zu gehen. Denn das Rentensystem in Deutschland fußt auf drei Pfeilern. Es ist daher auch die Rede vom sogenannten 3-Säulen-System.

Diese drei Säulen sind:

1 Basis­versorgung2 Kapital­gedeckte betrieb­liche Zusatz­versorgung3 Kapital­gedeckte private Zusatz­versorgung
Gesetz­liche RenteDirekt­versich­erungVersiche­rungen wie die Riester-Rente, Rürup-Rente und private Renten­versiche­rung
Alters­sicherung für Land­wirtePensions­fondsImmobilien
Beamten­versorgungDirekt­zusageFonds­sparplan
Berufs­ständische Versor­gungPensions­kasseSonstige Geld­anlagen
Unter­stützungs­kasse

Säule 2 und 3 unterscheiden sich darin, ob sich Ihr Chef an Ihrer Altersvorsorge beteiligt. Denn die betriebliche Altersvorsorge (bAV) ist dadurch gekennzeichnet, dass sie einerseits über Ihren Arbeitgeber läuft und sich diese andererseits an der Betriebsrente beteiligt. Bei der privaten Altersvorsorge gibt es dagegen bei einigen Vorsorgevarianten Unterstützung vom Staat. Dazu zählen die Riester-Rente und die Rürup-Rente.

Diese beiden Pfeiler unterscheiden sich wiederum in einem wichtigen Punkt stark von der ersten Säule: in der Art und Weise, wie Ihre späteren Rentenzahlungen finanziert werden – über die Beiträge aktuell Einzahlender oder kapitalgedeckt.

Umlageverfahren und Kapitaldeckungs­verfahren im Vergleich

Kapitalgedeckt bedeutet knapp gesagt: Sie sorgen mit Ihren Beiträgen direkt für Ihre Rente vor. Sie bauen also einen eigenen Kapitalstock auf, über den Ihre spätere Rente finanziert wird. Hier gibt es verschiedene Varianten. Ihre Beiträge können Sie sicherheitsorientiert mit Garantierente über einen Versicherer anlegen oder Sie entscheiden sich für eine Vorsorgeform, die auf Fonds basiert. Diese ist renditeorientiert mit weniger Sicherheiten ausgerichtet.

Beim Umlageverfahren der gesetzlichen Rentenversicherung bauen Sie kein direktes Polster auf, das später Ihre Rente speist. Stattdessen erwerben Sie als Beitragszahler einen Rentenanspruch. Mit den Beiträgen, die Arbeitnehmer einzahlen, wird dieser Anspruch finanziert, wenn Sie unter die Rentner gehen – Stichwort Generationenvertrag.

Die gesetzliche Rentenversicherung steht jedoch unter Druck – das Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben verschiebt sich zusehends. Denn es gibt immer weniger Erwerbstätige, die in die Rentenkasse einzahlen. Demgegenüber stehen immer mehr Rentenbezieher, die Leistungen von der Rentenversicherung erhalten. Das liegt an den niedrigen Geburtenraten, wie eine einfache Gegenüberstellung zeigt:

  • Geborene Kinder: - 1.261.614
  • Ausgezahlte Renten: - 7.870.000

Hinzu kommen Ausgaben für verschiedene Reformen, die in der Vergangenheit durchgeführt wurden, etwa die Mütterrente und die Grundrente.

Je größer die Lücke zwischen Beitragszahlern und Rentnern ist, desto eher muss die Politik handeln, um die Finanzierung des Rentensystems in Deutschland zu stabilisieren. Dafür gibt es drei Stellschrauben:

Erhöhung des Rentenbeitrags

Höheres Renteneintrittsalter

Niedriges Rentenniveau

Bis 2025 sind jedoch Haltelinien gesetzlich vorgeschrieben. Demnach darf weder das Rentenniveau unter 48 Prozent fallen noch der Rentenbeitrag über 20 Prozent steigen. Auch an das Renteneintrittsalter wagen sich die Parteien vorerst nicht heran, obwohl sich viele Altersvorsorge-Experten, darunter der Wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums, dafür aussprechen, das Rentenalter analog zur steigenden Lebenserwartung der Bundesbürger anzupassen.

Möglich wäre zudem eine Einbeziehung von Beamten und Selbstständigen in die Rentenversicherung. Kritiker weisen jedoch darauf hin, dass dieser Schritt das Problem nur verschiebt. Denn im Alter wollen auch diese Berufsgruppen Rentenzahlungen erhalten, die irgendwie finanziert werden müssen.

Gehen nun bald die besonders geburtenstarken Jahrgänge zwischen 1955 bis 1969 in Rente (sogenannte Babyboomer), wird dies die gesetzliche Rentenversicherung noch mehr belasten. Schon jetzt muss der Staat jedes Jahr mehr Geld aus Steuermitteln zuschießen, damit die Ansprüche der Rentner erfüllt werden können. Zum Vergleich der Steuerzuschuss aus dem Bundeshaushalt 2020 und 2010 im Überblick:

Bundeszuschuss 2020
Milliarden Euro
Bundeszuschuss 2010
Milliarden Euro

Wie hoch ist Ihre Rente?

Ihre Rentenhöhe hängt von Ihren eingezahlten Beiträgen und dem Durchschnittsverdienst des jeweiligen Jahres ab. Diese Werte werden in Relation gesetzt und in Rentenpunkte umgerechnet. Liegt Ihr Einkommen genau auf Höhe des Durchschnittsverdiensts, erhalten Sie einen Renten- oder Entgeltpunkt. Verdienen Sie mehr oder weniger Geld, werden Ihnen mehr (zum Beispiel 1,2) oder weniger Punkte (etwa 0,8) gutgeschrieben. Zum Rentenbeginn werden die Punkte mit dem aktuellen Rentenwert multipliziert. Zusammen mit ein paar weiteren Faktoren ergibt sich daraus Ihre Bruttorente.

Vorteile und Nachteile des Umlage- und kapitalgedeckten Verfahrens

UmlageverfahrenKapitaldeckungsverfahren
Das Geld wird nicht langfristig angelegt und verliert daher nicht an Wert durch die Inflation.Sparer sind nicht von den Einzahlungen kommender Generationen abhängig.
Das Verfahren ist durch den prozentualen Beitragssatz solidarisch ausgerichtet. Jeder leistet so gleich viel im Verhältnis zu seinen oder ihren finanziellen Möglichkeiten.Durch die Anteilnahme am Kapitalmarkt sind höhere Erträge und Renditen möglich.
Verlieren Sie Ihren Job, bekommen Kinder oder pflegen Angehörige und Ihr Einkommen verringert sich dadurch, wirkt sich dies nicht 1:1 auf Ihre Rentenhöhe aus.Kapitalgedeckte Verfahren sind von Kapital- und Finanzmarktentwicklungen abhängig.
Durch fehlende Anlage in Fonds und Co. können keine Kapitalerträge erzielt werden. Die Altersrente kann also nicht von wachsenden Kursen am Kapitalmarkt profitieren.Gibt es einen Börsencrash, verlieren Sparer gegebenenfalls viel Geld.
Das Verfahren ist stark vom demografischen Wandel abhängig.Verringert sich Ihr Einkommen und können Sie Ihre Beiträge nicht in gleichem Maß weiterzahlen, verringert sich Ihr Rentenanspruch.
Gleiches gilt für konjunkturelle Schwankungen. Arbeiten weniger Menschen etwa aufgrund einer Wirtschaftskrise, fließen weniger Beiträge in die Rentenkasse.

Wie sieht die Zukunft des deutschen Rentensystems aus?

Wie Sie sehen, gibt es bei beiden Verfahren Für und Wider. Dies zeigt sich auch im politischen Stimmungsbild.

„Ohne Beitragsgarantie mögen Sparer später eine höhere Rente bekommen. Vielleicht bekommen sie aber auch weniger Rente, falls die Kapitalmärkte erneut kollabieren. Diese Risiken bestehen beim Umlagesystem nicht. Deshalb muss alles getan werden, um das Umlagesystem zu stärken und die Renten nicht an unbeständige Kapitalmärkte zu ketten. – Cansel Kiziltepe, SPD“

Auch die Partei Die Linke setzt sich seit Jahren für eine Stärkung des Umlageverfahrens ein.

„Altersvorsorge von Normalverdienenden darf kein Wetten auf den Aktienmarkt sein. Das können Menschen tun, die Geld übrig haben. An einer Stärkung der gesetzlichen Rente führt kein Weg vorbei. Dort haben wir niedrige Verwaltungskosten. – Matthias W. Birkwald, Linke“

Birkwald öffnet zudem den Blick in Richtung Rentenniveau: „Wir müssen die Politik wie in unserem Nachbarland Österreich darauf ausrichten, dass die gesetzliche Rente wieder den Lebensstandard im Alter sichert. Darum muss das Rentenniveau wieder auf 53 Prozent angehoben werden.“

Befürworter des kapitalgedeckten Systems führen dagegen die Chancen am Kapitalmarkt an. Solange die Niedrigzinsphase anhält, gibt es keinen Weg daran vorbei. Denn sicherheitsorientierte Anleihen werfen fast gar keine Zinsen ab.

So erklären Johannes Vogel und Christian Dürr von der FDP in einem Konzeptpapier: „Die kapitalgedeckte Altersvorsorge muss endlich einfacher, verbraucherfreundlicher und vor allem aktienorientierter werden. Länder mit einer stärkeren Kapitalmarktorientierung wie zum Beispiel die Niederlande, Schweden oder die Schweiz gehen aus guten Gründen alle genau diesen Weg – bei ansonsten ganz unterschiedlichen Altersvorsorgesystemen.“

In diese Richtung könnte sich die gesetzliche Rentenversicherung in den nächsten Jahren weiterentwickeln. Denn die Koalition aus SPD, Grünen und FDP (Ampel-Regierung) will der Rentenkasse ermöglichen, einen Teil der Beiträge in einen von öffentlich-rechtlicher Stelle verwalteten Fonds einzuzahlen. So wäre die gesetzliche Rentenversicherung künftig nicht mehr nur über die Beiträge der Erwerbstätigen und Steuermitteln finanziert, sondern auch zu einem kleinen Teil kapitalgedeckt.

Folgt die Koalition ganz den Vorschlägen der FDP, könnte die sogenannte Aktienrente folgen: Alle Arbeitnehmer würden dann zwei Prozent ihres Bruttoeinkommens in den öffentlich verwalteten Fonds einzahlen. Damit stünde das Rentensystem in Deutschland vor einer wirklich einschneidenden Rentenreform.

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